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daß mir für ein derartiges Vorgehen gerade die notwendigsten Eigenschaften fehlten? – Jedenfalls blieben all diese Pläne nichts als unnütze Produkte meinem überreizten Hirns –.

Dann kam kurz nacheinander der Tod meiner Eltern. Ich stand allein da. Mein juristisches Studium mußte ich aufgeben. Ein entfernter Vetter meines Vaters, der Direktor einer großen Aktiengesellschaft war, brachte mich als Volontär bei einem Bankhause an, wo ich jetzt nach sieben Jahren glücklich zu einem Gehalt von monatlich zweihundert Mark aufgestiegen bin. Zweihundert Mark –! Ein Tropfen auf einen heißen Stein, als ich dann zu dem wurde, was ich heute bin: Ein Spieler, ein gewerbsmäßiger Spieler, der zumeist vom Pech verfolgt wird und der schon unzählige Male dem Manne, der seine schützende Hand über mir hält, Besserung gelobte, – demselben Manne, von dem ich nach Lautenborns Ansicht ohne Schwierigkeit Tausende erhalten könnte. – Ich habe sie schon erhalten. Zu oft schon bin ich an Onkel Grunert mit derartigen Bitten um Geld herangetreten. Ich weiß, daß er sein Wort hält. Und letztens, vor einem Monat, hat er mir erklärt, er würde mir auch nicht mehr mit einem Pfennig aushelfen. Ganz ruhig sagte er mir das. Nicht unfreundlich, da er wohl selbst ahnt, von wem ich diese sinnlose Leidenschaft geerbt habe. Vielleicht bedauert er mich im stillen sogar. Nur auf Hilfe habe ich bei ihm nicht zu rechnen. Das weiß ich nur zu gut –.

Und jetzt –! In achtundvierzig Stunden soll ich achttausendzweihundertundfünfzig Mark besorgen –! Ich muß es – muß, sonst bin ich unmöglich in den

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Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)