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denen eine andere Deutung zu geben war. Er verstand es ja auch so vortrefflich, mich völlig in Sicherheit zu wiegen. Immer wieder redete er mir vor, er habe die beste Aussicht, an eine Hofbühne engagiert zu werden, und dann wolle er offen vor die Meinen hintreten und um mich werben. Und ich unerfahrenes Ding glaubte das alles, ließ mich in meiner Blindheit immer weiter von ihm aushorchen, so daß er bald über unsere Familienverhältnisse fast ebenso gut Bescheid wußte, wie ich.

„So vergingen die acht Wochen, die für den Besuch bei meiner Freundin vorgesehen waren,“ begann Marga wieder. „In der letzten Zeit hatte sich meine schwärmerische Liebe für den Schauspieler jedoch bedeutend abgekühlt. Alle Welt erzählte sich von seinen Liebesabenteuern, an die ich natürlich nicht glauben mochte, die aber doch die ersten Zweifel an der Aufrichtigkeit seiner Neigung zu mir wachwerden ließen. Dazu kam, daß ich gleich von Anfang an trotz meiner törichten Backfischseligkeit von ihm stets eine gewisse unbestimmte Scheu empfunden hatte. Und von Tag zu Tag noch mehr, ohne daß ich dafür einen Grund hätte angeben können. Als wir dann Abschied voneinander nahmen, bat ich ihn flehentlich, mir meine Briefe und auch die Photographien auszuhändigen. Er tat es nicht, gebrauchte vielmehr allerhand Ausflüchte, die ich als solche sehr bald erkannte. Meine Angst wuchs. Ich wurde dringender, weinte, beschwor ihn verzweifelt, meinem Wunsche zu willfahren. Da gab er scheinbar nach und versprach mir – auf sein Ehrenwort! – all die Sachen sofort zu verbrennen.

Monatelang ließ Schwechten nun nichts von

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Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/122&oldid=- (Version vom 1.8.2018)