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„Wissen Sie auch schon, Heiking, daß der Chef heute vormittag mit unserem ersten Prokuristen über Sie gesprochen hat?“

Ich ahnte Böses, beherrschte mich aber dennoch und sagte gleichgiltig –.

„So –?! – Ist mir nicht weiter interessant.“

„Vielleicht doch. Es handelte sich nämlich darum, daß der Chef die Absicht hat, Ihnen zu kündigen, weil ihm etwas von Ihren Spielverlusten zu Ohren gekommen ist. Er soll geäußert haben, er könne Spieler in seinem Institut nicht brauchen.“

„Jetzt fühlte sich auch Moschner, mein anderer Kollege, verpflichtet, mir auch seinerseits einen Hieb zu versetzen.

„Ja, Heiking, und der Prokurist hat zu unserem Kassierer noch gesagt, Sie würden sicher entlassen werden, trotzdem Ihr Onkel mit unserem Alten so gut befreundet ist.“

Am liebsten hätte ich diese beiden Burschen ins Gesicht geschlagen, die mit so offenbarer Schadenfreude mir diese Neuigkeit mitteilten. Ich wußte, daß ich unter den Angestellten unserer Bank auch nicht einen Freund besaß, da ich als früherer Akademiker durch Beziehungen zu alten Bekannten von der Universität her in ganz anderen Kreisen verkehrte und den Umgang dieser berechnenden, einseitigen Zahlenmenschen nach Möglichkeit mied. Daß man mich aber mit so offenbarem Übelwollen verfolgte, hatte ich doch nicht geahnt.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, erhob ich mich, zahlte und verließ ohne Gruß das Lokal. Wieder stand ich auf der Straße, wieder schritt ich langsam, die Hände in die Palotottaschen vergraben, in

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Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)