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„Sehr gut!“ Das war auch meine ehrliche Meinung.

Nach einer Weile sagte Tante dann etwas unsicher: „Kennst du eigentlich Müller etwas näher, Fred? Ich meine sein Privatleben. – Ich möchte mich aus bestimmten Gründen darüber informieren.“

Die Gründe waren für mich sonnenklar. Bisher hatte Tante für Müller nur recht geringes Interesse gehabt, trotzdem er sehr viel bei ihnen verkehrte. Sie sah in ihm den Bewerber um Margas Hand.

Ich konnte mich daher nicht enthalten, etwas ironisch zu lächeln:

„Liebes Tantchen, ich glaube, du gibst dich trügerischen Hoffnungen hin,“ sagte ich eifrig, sie offen anschauend. „Marga wird nie einen Mann aus sogenannten praktischen[1] Gesichtspunkten zum Gatten wählen. So weit glaube ich sie doch schon zu kennen. Und lieben, lieben kann sie Müller kaum. Dazu ist er doch zu sehr Aktenmensch. Eine Natur wie Marga verlangt mehr von dem, dem sie sich fürs Leben bindet.“

Sie blickte mich ganz verwirrt an. Dann stahl sich ein feines Lächeln um ihren Mund. Und sich ganz nahe zu mir hinüberbeugend, meinte sie, indem sie ihre Hand leicht auf meinen Arm legte:

„Lieber Junge, jetzt hast du dich verraten. – Widersprich nicht! Du gönnst Marga dem andern nicht, – das ist es. Gestehe es nur ruhig ein. Mir kannst du dich doch anvertrauen …“

Eine verräterische Röte stieg mir jetzt ins Gesicht, die es mir noch schwerer machte, meine Neigung


  1. Vorlage: praktischene
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/38&oldid=- (Version vom 1.8.2018)