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um die matten Augen war krankhaft bleich. Und ihre Finger, die für einen Augenblick in den meinen ruhten, bebten wie im Fieber und waren unnatürlich heiß.

„Ein Glück, daß du da bist, Fred,“ empfing mich Tante Johanna, sichtlich aufatmend. „Wir müssen Marga sofort nach Hause bringen.“

Doch diese erhob wie abwehrend die Hand.

„Tante, liebe Tante, nicht nach Hause,“ stieß sie flehend hervor. „Frische Luft brauche ich, nichts weiter. Wir wollen ein Stück gehen … oder fahren.“

„Wie du willst, Kind. Richtiger wäre es freilich, du legtest dich zu Bett, und wir ließen einen Arzt holen. Wie sehr du mit deinen Nerven herunter bist, habe ich erst heute gesehen. Ich werde mit Onkel sprechen, und dann können wir zusammen ein Sanatorium im Süden aufsuchen. Mir wird eine kleine Erholungsreise auch ganz gut tun.“

Marga trank noch den Rest ihres Gläschens Portwein aus und ließ sich dann, von Tante und mir geführt, willenlos durch das Menschengewühl auf die Straße hinausgeleiten, wo wir sofort das nächste Auto bestiegen und über den Leipziger Platz in der Richtung nach dem Tiergarten davonfuhren.

Völlig teilnahmslos hockte Marga in ihrer Ecke, während Tante Johanna und ich sie vergeblich aufzuheitern versuchten. Auf all unsere besorgten Fragen hatte sie stets dieselbe Antwort:

„Mir fehlt wirklich nichts. Nur sehr matt fühle ich mich.“

Schließlich konnte Tante doch nicht länger an

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/47&oldid=- (Version vom 1.8.2018)