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bis auf den schmalen Autoweg, der den Grunewald in der Richtung nach Wannsee zu durchschneidet. Nach kurzer Verständigung mit meinen Begleiterinnen gab ich dem Chauffeur die Weisung, durch den Grunewald bis zum Teufelssee und von dort die Straße über Bahnhof[1] Eichkamp zurück nach Berlin zu fahren, und zwar in mäßigem Tempo.

So vergingen mit dem halbstündigen Aufenthalt, den wir in der Försterei am Teufelsee zu einem kleinen Imbiß benutzten, fast drei Stunden, bevor wir vor dem Hause meiner Verwandten in der stillen, vornehmen Straße des Westens wieder anlangten. Marga hatte sich in dieser Zeit tatsächlich fast vollkommen wieder erholt, was mich etwas voreilig zu dem Glauben brachte, meine sämtlichen Mutmaßungen in bezug auf Marga und den Toten oben in Onkels Arbeitszimmer seien verfehlt gewesen. Doch der angstvolle, halbirre Blick, mit dem Marga dann neben mir die breite Treppe zur zweiten Etage emporstieg, ihre stoßweisen Atemzüge und ihre fast von Stufe zu Stufe zunehmende Blässe zeigten wieder deutlich, daß mein Verdacht nur zu wohl begründet war.

Oben vor der Korridortür lehnte Marga sich kraftlos, offenbar wieder mit einer Ohnmacht kämpfend, gegen die Wand.

Während Tante den Drücker der elektrischen Glocke in Bewegung setzte, flüsterte ich Marga kaum vernehmlich zu: „Mut – Mut, ich halte zu Ihnen, komme, was kommen mag!“

Nie werde ich den Blick vergessen, mit dem sie mir daraufhin ins Gesicht sah. Ungläubiges


  1. Vorlage: Bahnhoft
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/51&oldid=- (Version vom 1.8.2018)