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nicht mehr. Einen Fahrstuhl vermisse ich bisweilen schon recht sehr. Man merkt, daß man alt wird.“

Onkel streichelte ihr zärtlich die welke und doch so zarte, wohlgepflegte Hand.

„Alt! Du und alt …!“ protestierte er lächelnd. „Wer noch so unermüdlich wie du den ganzen Tag über auf den Beinen ist, wer sich noch so vielseitige Interessen bewahrt hat, der ist nie und nimmer alt – höchstens … in gesetzteren Jahren.“

„Besonders, wenn man die Sechzig überschritten hat!“ meinte Tante Johanna mit leiser Wehmut. Und fügte dann hinzu:

„Also sind wir hinsichtlich des Wohnungswechsels einig, nicht wahr?“

„Gewiß. – Du hast ja jetzt in Marga eine liebe Begleiterin bei der Suche nach dem neuen Heim. Und Fred, der erst Anfang Dezember den neuen Posten in Windhuk antritt, kann euch ja ebenfalls bei dieser Aufgabe unterstützen.“

Unwillkürlich hatte ich meine Cousine bei dieser Neuigkeit, die ihr ja ganz überraschend kommen mußte, schärfer angesehen. Und trotzdem sie mit dem Rücken gegen das Fenster saß und ich den Ausdruck in ihren Mienen daher nicht recht genau beobachten konnte, glaubte ich doch ein leises Erschrecken aus ihrem Antlitz herauslesen zu können.

Tante hatte sich überrascht mir zugewandt.

„Also bist du auf Onkels Vorschlag eingegangen, lieber Junge? – Das freut mich aufrichtig. Nur – schon im Dezember sollst du fort? Dann haben wir dich ja kaum noch fünf Wochen hier.“

„Fünf Wochen sind eine lange Zeit, wenn man nichts zu tun hat,“ meinte ich, ohne jedoch meine

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/67&oldid=- (Version vom 1.8.2018)