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dem zurückzuhalten, was mein ganzes Denken in Anspruch nahm.

„Marga,“ sagte ich leise, als gerade ein vorüberratterndes Lastautomobil sie zu kurzem Schweigen gezwungen hatte, „spielen wir doch keine Komödie voreinander. Wir beide sollten nach diesen Tagen doch besseres zu tun haben, als uns mit solchem Ballsaalgesprächen zu langweilen. – Haben Sie mir wirklich nichts, gar nichts anzuvertrauen, Marga – mir, der ich Ihnen hier nochmals verspreche, daß ich treu zu Ihnen halten will bis zum … Äußersten.“

Ihr Kopf sank noch tiefer. Und der breitkrempige Winterhut mit der bei jedem Schritt taktmäßig wippenden Feder verbarg mir jetzt ihr Gesicht so weit, daß ich nur gerade noch die Spitze ihrer schmalen, rassigen Nase und die Stirnwelle ihres reichen Haares sah. Eine ganze Weile wartete ich vergeblich auf Antwort. Dann klang es leise, kaum vernehmlich zurück:

„Lassen Sie doch diese unselige Geschichte ruhen, Fred, bitte, bitte.“ Und noch leiser fügte sie hinzu, so zögernd, daß ein jeder das Unwahre dieser Äußerung herausgemerkt hätte. „Im Grunde geht uns der … der Unglücksfall doch gar nichts an.“

Im ersten Augenblick war ich so betroffen von dieser Antwort, daß ich ihren Sinn gar nicht rechte begriff. Dann verstand ich alles. Marga wollte ihre Taktik ändern. Das durfte nicht sein! Zu viel stand für sie und mich dabei auf dem Spiel. Die Möglichkeit, daß die Polizei doch noch die Wahrheit aufdeckte, war immerhin vorhanden. Bisweilen hilft ein Zufall ja so merkwürdig schnell

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/72&oldid=- (Version vom 1.8.2018)