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7. Kapitel.

Nach einer größtenteils schlaflos verbrachten Nacht erhob ich mich bereits zu früher Stunde, kleidete mich an, trank Kaffee und machte mich dann zu Fuß auf den Weg nach dem Alexanderplatz, wo der Riesenbau des Polizeipräsidiums mit seiner mächtigen Front drohend emporragt. Ich hoffte, daß der Spaziergang, der mich vom Westen, dem neuen Wohnviertel Berlins, stundenweit durch die Straßen bis in jene Stadtteile führte, wo man noch kleine, verräucherte Häuschen, die Überbleibsel einer längst entschwundenen Zeit, antrifft, wenigstens etwas erfrischen würde. Aber dieses Gefühl völliger geistiger und körperlicher Erschlaffung wollte nicht weichen. Vielleicht war die Ungewißheit vor dem Kommenden daran schuld. Immerfort zermarterte ich mir den Kopf, zu welchem Zweck man mich in jenen düsteren Bau bestellt habe, von dem aus der Kampf gegen das Verbrechen in seiner vielfachen Gestalt mit all’ den unzähligen Mitteln, die der Polizei zu Gebote stehen, geleitet wird. Was konnte man von mir wollen, was –? In welcher Sache war ich vorgeladen? Handelte es sich um den entlarvten Falschspieler Lautenborn – und dies hoffte ich ja! – oder etwa um den geheimnisvollen Tod Schwechtens? War etwa schon jener von mir befürchtete Zufall der Behörde zu Hilfe gekommen und sollte ich nun behilflich sein, die noch losen Fäden zu einem Netz zu vereinen, in dem man die zu fangen gedachte, der jetzt all meine sorgenden Gedanken gehörten –?

Ich vermochte mir hierüber keine Klarheit zu verschaffen, so sehr ich auch alle Möglichkeiten nach

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Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/79&oldid=- (Version vom 1.8.2018)