Menking hieß ja die ältere, kinderlose Witwe, die Grunerts Flurnachbarin war und die die zweite, kleinere Wohnung von fünf Zimmern in derselben Etage innehatte. Ich war der Dame einige Male auf der Treppe begegnet, wenn ich zu meinen Verwandten ging. – Was hatte der Kommissar vor? Wollte er mich vielleicht Frau Menking gegenüberstellen? Hatte diese mich etwa gesehen, wie ich in dem braunen Ulster und mit der Brille vor den Augen hinter der Grunertschen Korridortür verschwand? –
Es klopfte. Die alte, vornehm aussehende Dame trat ein. Hiller hatte sich erhoben und ihr zuvorkommend einen Stuhl an den Tisch gerückt.
„Gnädige Frau,“ begann er dann, „Sie haben uns gestern abend einen für uns sehr wichtigen Brief zugeschickt, woraufhin wir Sie dann ersuchten, sich heute hier einzufinden. Ich möchte Ihnen dieses Schreiben nochmals vorlesen, damit Sie vielleicht noch hinzufügen können, was Ihnen inzwischen noch eingefallen ist.“
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/89&oldid=- (Version vom 1.8.2018)