Seite:Irrende Seelen.pdf/91

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Ich wußte ja damals noch nicht, daß in der Grunertschen Wohnung niemand von den Herrschaften und Dienstboten zu derselben Zeit anwesend war. Sonst hatte ich natürlich sofort Lärm geschlagen. Diese meine Beobachtungen – der Knall im Nebenzimmer und das Verschwinden des Herrn im braunen Ulster in der Tür meiner Nachbarn – gewannen erst eine erhöhte Bedeutung, als mir dann Näheres über den bei Grunerts aufgefundenen Toten bekannt wurde. In dem Bericht der gestrigen Abendzeitung fand ich erwähnt, daß die Grunertschen Damen sowie die beiden Mädchen die Wohnung bereits gegen zehn Uhr vormittags verlassen hätten und die Köchin und das Stubenmädchen erst gegen ein halb eins zurückgekehrt wären. Ferner war in der Beschreibung des ermordeten Schwechten ein hellgrauer, kurzer Sportpaletot genannt, den dieser angehabt hatte, als ihn die tödliche Kugel traf. Diese beiden Einzelheiten brachten mich notwendig auf die Vermutung, daß sich während der Abwesenheit meiner Nachbarn zwei Männer Zutritt zu der Wohnung verschafft hatten – eben der Schauspieler und der von mir beobachtete Fremde im braunen Ulster. Da ich diese Tatsache für ziemlich wichtig halte, werde ich diesen Brief sofort durch einen Boten an das Präsidium übermitteln lassen. Falls meine mündliche Vernehmung notwendig sein sollte, stelle ich mich im Interesse der baldigen Anfklärung des Falles der Behörde gern zur Verfügung.
Frau verwitwete Geheime Justizrätin
Marie-Anna Menking.“




Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/91&oldid=- (Version vom 1.8.2018)