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Spanien, wo sie sich dauernd niederließen und ihre Herrschaft befestigten.

67. Die Gothen sind von behendem und starkem Körper, lebhaften Geistes und voll Selbstvertrauen, schlank und groß von Wuchs, würdevoll in Haltung und Geberden, rasch zur That und gegen Wunden unempfindlich, wie der Dichter sagt: „Die Gothen rühmen sich ihrer Wunden und verachten den Tod.“ So groß waren sie im Kriege und so außergewöhnlich siegreich ihre Tapferkeit, daß Rom selbst, die Besiegerin aller Völker, das Joch der Gothen auf sich nehmen und zu ihren Triumphen beitragen mußte, daß Rom, die Herrin der Welt, jenen wie eine Sklavin Dienste that.

68. Alle Völker Europas zitterten vor ihnen, sie sprengten die Riegel der Alpen. Selbst die häufig erwähnte Barbarei der Vandalen ließ sich nicht nur durch ihre Ankunft schrecken, sondern floh sogar vor dem Rufe ihrer Tapferkeit. Ihrem Schwerte erlagen die Alanen, und die Sueven, die bis dahin in den unzugänglichen Bergen Spaniens unbehelligt geblieben waren, lernten durch sie die Gefahr des Untergangs kennen und verloren die Selbständigkeit ihres Königthums, das sie in träger Muße bis dahin behauptet hatten – es ist freilich zu bewundern, daß sie so lange eine Königsherrschaft gehabt haben, da sie dieselbe bei der Ungestörtheit ihrer Ruhe gar nicht brauchten.

69. Aber wer kann die Größe der Kräfte des Gothenvolkes genugsam schildern? Während andere Völker mühsam durch Bitten und Geschenke ihre Herrschaft zu behaupten vermochten, bewahrten die Gothen sich ihre Freiheit mehr durch Kampf als durch friedliche Unterhandlung und brauchten da, wo ein Krieg nicht zu umgehen war, ihre Kräfte statt der Bitten. – In den Künsten der Waffen sind sie sehr ausgezeichnet und kämpfen nicht nur mit Stoßlanzen (zu Fuß),