Seite:Isis 1817 15.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Lorenz Oken (Hrsg.): Isis

nur durch eine veste Knorpelhaut abgesondert ist, in die aber dünne, runde Blasen ragen, welche in jener Höhle als zwei Reihen je fünfzehn liegen.

(Diese Beschreibung ist nicht mit der Genauigkeit gemacht, welche wir sonst an diesem berühmten Anatomen gewohnt sind. Wir haben unter unsern Schriften die Zeichnungen der Eingeweide dieses Thiers, welches wir schon im Jahr 1806 an der Nordsee anatomiert haben. Wir waren aber damals nicht mit den gehörigen Werkzeugen versehen, und daher wollten wir, was wir gefunden, als etwas Unvollkommenes nicht bekannt machen. Allein, nun sehend, daß Home noch weniger als wir gesehen, dürfen wir es wohl wagen, von dem Unserigen etwas beizusetzen.

Der Rücken der Aphrodite ist von Querschuppen bedeckt, wie ein Schlangenbauch von Schienen. Ueber diesem Schuppenrücken liegt eine Decke, aus den Haaren dicht gefilzt, welche jederseits längs des Rückens an beiden Gränzen der Schuppen entstehen. Dieses Filzdach ist hinten über der Leibesspitze offen und läßt Wasser frei aus und ein. Zwischen je zwei Schienen ist ein Querspalt im Rücken, in dem die Diverticula liegen, so daß sie diesen Spalt ausfüllen, an dem vordern und hintern Rand der Querbalken, woran die Vorderränder der Schuppen bevestiget sind, angewachsen sind, daß mithin kein Wasser in den Bauch dringen kann. Die Diverticula haben übrigens eine andere Gestalt, als sie Home abbildet. Ohne auch eine Abbildung zu geben, was nun nicht angeht, können wir diesen Bau nicht gehörig beschreiben. Für unsern Zweck ist es nicht nöthig. Die Hauptsache ist aber die. Das Blutgefäßsystem liegt nehmlich bei der Aphrodite so wie bei einer Menge hergehöriger Würmer, die wir anatomiert haben, worunter Thalassema und Lernaea branchialis die entsprechendsten sind, auf dem Darm, und ist darauf so eingerichtet, daß es als Kieme dient, und mithin der Darm Verdauungs- und Athmungsorgan zugleich wird. Bei Thalassema und Lernaea ist aber der Darm einfach, und er schwimmt ganz in Wasser, welches in die Bauchhöhle durch noch nicht hinlänglich gekannte Löcher tritt, und selbe sogar ausgespannt erhält, was wieder an die Wasserröhren der Quallen, Holothurien und Seesterne (welche letztere wir auch zu den Darmathmenden stellen) erinnert. Bei Aphrodite aber läuft der Darm seines graden Wegs nach hinten fort, schwimmt nicht in Wasser, das in der Bauchhöhle wäre, sondern gibt jederseits bogenförmige, von [30] einem Gefäßnetz bedeckte Diverticula ab, welche zum Rücken gehen, sich zwischen die Querspalten legen, die hier gleichsam wie Kiemenspalten der Rochen und Haien angebracht sind, und von den häutigen, durchsichtigen Schienen bedeckt werden, aber wie von Zigeln, so daß das Wasser leicht anspühlen kann. Die Aphrodite ist mithin ein Mittelding zwischen den Darmathmenden und den Büschelathmenden auf der Haut. Wir werden seiner Zeit die Zerlegungen der Aphrodite nebst denen der Lernaea, Arenicola, Nereis, Amphitrite, Torebella, Eumolpe mit Abbildungen bekannt machen.)

Im Blutegel sind sechszehn Löcher jederseits des Leibes, welche zu einer gleichen Zahl runder Zellen führen, die zwischen den Bauchwänden und dem Magen liegen, und den Dienst der Athemorgane über sich haben.

Die beigefügten Abbildungen auf Pl. XI. XII. XIII machen eine weitere Beschreibung unnöthig.

Nachdem ich den Bau der Organe in diesen fünf verschiedenen Genera beschrieben habe, will ich versuchen, die Art, wie das Athmen bei jedem geschieht, aus einander zu setzen.

In der Lamprete und dem Lampern wird das Wasser durch die zweimal sieben Seitenlöcher in die Beutel oder Blasen aufgenommen, welche den Dienst der Kiemen versehen, und es geht durch dieselben Löcher wieder heraus. (Dieses ist sehr unwahrscheinlich, insofern es der Art, wie das Wasser bei andern Fischen mit ähnlichem Kiemenbau, z. B. Haien, Rachen eingezogen und ausgestoßen wird, wiederspricht. Allgemeine Regel ist es doch, daß die Fische wie auch die Amphibien, welche Kiemen besitzen, das Wasser durch das Maul einnehmen und es mittels der Kehlmuskeln u. s. w. durch die Kiemenlöcher heraustreiben, mithin dieses Wasserathmen einer Schluckungshandlung gleich kommt, wie denn bei den Fröschen auch selbst die, obschon durch die Nase eingezogene, Luft mittels der Schluckungsmuskeln in die Lungen gedrückt wird. Sollte nun bei der Lamprete dieses sich gählings umkehren? Das ist nicht wohl zu denken! Auch kann man fragen, und die Antwort wird den Frager warten lassen müssen: durch welche Kraft wird denn das Wasser eingepumpt?

Daß die Lampreten durch die Kiemenlöcher ein- wie ausathmen, schließt man bloß, weil sie oft sich an Steine udgl. ansaugen. Allein hat man sie in dieser Lage schon gehörig beobachtet? Lassen sie nicht manchmal los, um Wasser zu schlucken? Bei von dem gewöhnlichen Typus abweichend scheinenden

Empfohlene Zitierweise:
Lorenz Oken (Hrsg.): Isis. Brockhaus, Jena 1817, Seite 29–30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Isis_1817_15.jpg&oldid=- (Version vom 14.6.2018)