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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis


6. Das Recht, an der Gesetzgebung in der Art Theil zu nehmen, daß neue Gesetze, welche entweder die Landesverfassung betreffen, oder die persönliche Freiheit, die Sicherheit und das Eigenthum der Staatsbürger in dem ganzen Lande, oder in einer ganzen Provinz, zum Gegenstand haben, und eben deßhalb das Allgemeine angehen, ohne ihren, der Landstände, vorgängigen Beirath und ihre Einwilligung nicht erlassen werden dürfen.

7. Das Recht, zur Erleichterung der Ausübung aller bisher aufgeführten Befugnisse,

a. die Landräthe zu wählen und dem Fürsten zur Bestätigung vorzustellen;

b. zwei Räthe oder Assessoren bei dem Landschafts-Collegium, und zwar den einen für die erste Section in Weimar, den andern für die zweite Section in Eisenach, zu ernennen, und dem Landes-Fürsten zur Bestätigung vorzustellen;

c. in vorkommenden außerordentlichen Fällen, z. B. in Kriegszeiten, wo irgend ein Collegium oder eine besondere Commission, außer dem gewöhnlichen Geschäftsgange, Einfluß auf die Landschaftlichen Cassen gewinnen dürfte, zu verlangen, daß diesem Collegium oder dieser Commission Einer, oder Einige ihrer Vertreter zugeordnet werden;

d. den Cassier bei der Hauptlandschafts-Casse zu ernennen.“

Dieses sind Rechte, welche jeder mit Dank empfangen, und wofür jeder mit doppelten Kräften arbeiten wird, daß solche Weisheit, solche Gnade des Fürsten, solcher Eifer der Regierung, solche Vorsicht der Stände in Entwerfung dieser Rechte die verdienten Folgen, welche die geistige Belohnung in sich schließen, haben.

Die eigentliche Wahlordnung der Volksvertreter müssen wir hier als das bloße Aeußere der Verfassung übergehen, obschon sie, als Kunstwerk, in dem alles zum Voraus mit Meister-Erfahrung und -Ueberlegung berechnet ist, die Aufmerksamkeit verdient. Wir bemerken nur, daß von den 31 Volksvertretern 11 vom Stand der Ritterguts-Besitzer (ohne Rücksicht auf Adel), 10 von dem Stand der Bürger, und 10 von dem Stand der Bauern zu wählen sind. – Ob dieses Verhältnis naturgemäß ist, vermögen wir nicht zu beurtheilen, da wir uns nur auf das Allgemeine einer Verfassung einlassen können. Die Universität ist nur Mitstand weil sie Rittergüter besitzt.

Ferner daß je 50 Häuser einen Wähler wählen, die wieder den Volksvertreter wählen,

[70] der seyn muß:

1. deutscher,
2. ehlicher-
3. christlicher Geburt,
4. dreißigjährigen Alters,
5.[WS 1] unbescholtenen Rufs.

In Städten ist zum Volksvertreter nur wählbar, wer ein eigen Haus, und mit diesem wenigst 300 Thlr Einkommen hat, auf[WS 2] Dörfern nur der, welcher 2000 Thlr Werth an Liegendem besitzt. Besoldungen gelten nichts. Die Wahl gilt auf 6 Jahre, und steht unter oberster Leitung der Landesregierungen. Durch Geld oder Versprechungen und Drohungen bewirkte Wahlen sind ungültig und strafbar. (Schwieriger Punct.) Der Landtag versammelt sich alle 3 Jahre. Die Landständische Versammlung bildet nur ein Ganzes, nicht mehrere Kammern. Landesfürstliche Commissarien können der Landständischen Abstimmung und Beschlußfassung nicht beiwohnen.

Die Landschaftlichen Cassen stehen unter dem Landschaft-Collegium. Alle Verordnungen, Patente, Edicte u. s. w. müssen von einem Minister contrasigniert seyn zum Zeichen der Verantwortlichkeit derselben, die sodann beim Fürsten und beim Ober-Apellations Gericht zu Jena belangt werden können.

Die Gewähr der Verfassung[WS 3] ist auf folgende Art ausgesprochen:

1. An diesem Grundgesetze des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach und der durch solches gestifteten Verfassung darf in keinem Punkte, und weder mittelbar, noch unmittelbar, weder durch Aufhebung, noch durch Zusätze, etwas geändert werden, ohne Uebereinstimmung des Landesfürsten und des Landtages.

2. Künftig sind alle Staatsdiener, vor ihrer Anstellung, auf den Inhalt des gegenwärtigen Grundgesetzes und dessen Festhaltung mit zu verpflichten.

3. Jede absichtliche Verletzung der Verfassung im Staatsdienste soll als Verbrechen angesehen und gestraft werden.

Jede Handlung eines Staatsdieners, welche in der Absicht unternommen wird, um diese Verfassung heimlich zu untergraben, oder gewaltsam aufzulösen, ist Hochverrath.

4. Tritt der Fall eines Regierungs-Wechsels ein, so soll der neue Landesfürst bei dem Antritte der Regierung sich schriftlich bei fürstlichen Worten und Ehren verbindlich machen, die Verfassung, so wie sie durch gegenwärtige Urkunde bestimmt worden, nach

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 4.
  2. Vorlage: das Wort auf ist teilweise unleserlich
  3. Vorlage: Verfassug
Empfohlene Zitierweise:
Lorenz Oken (Hrsg.): Isis. Brockhaus, Jena 1817, Seite 69–70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Isis_1817_35.jpg&oldid=- (Version vom 26.7.2018)