Seite:Jahn Gottfried Hermann 26.jpg

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gewonnen, und keiner, der ihn erkannt, hat je von ihm gelassen; seine Schüler sind ihm treue Freunde gewesen, und Anhänger hat er nie gewollt.

Hermann hatte für Leipzig, wo er geboren, erzogen und durch vielfache Verhältnisse festgewurzelt war, eine grosse Anhänglichkeit, und hat es nie verlassen mögen. Nachdem er das Rectorat in Schulpforta (1802) und einen Ruf nach Kiel abgelehnt hatte, wurde ihm 1803 die ordentliche Professur der Beredtsamkeit übertragen, mit welcher 1809 die der Poesie verbunden ward. Später schlug er noch einen Ruf an die eben gegründete Universität in Berlin aus, obwohl seine Lage in Leipzig allerdings anständig, aber keineswegs glänzend und seinem Ruhm und seiner Wirksamkeit entsprechend war. Gelehrte Ehrenbezeugungen hat sein langes Leben ihm in Fülle gebracht, Ehrendiplome von drei Facultäten und vielen gelehrten Gesellschaften, zahllose Bücher sind ihm gewidmet als Beweise dankbarer Verehrung von Schülern und Freunden. Ihren lebhaftesten und reichsten Ausdruck fand diese, als Hermann am 19. Dec. 1840 sein Magisterjubiläum feierte. Es war ein Fest, das nicht nur die Universität, sondern die Stadt beging, von allen Seiten, aus allen Kreisen wurden ihn Gaben und Glückwünsche dargebracht, ein glänzendes Festmahl vereinigte Hunderte theilnehmender Gäste, und was der Feier ihre eigenthümliche und schönste Bedeutung gab, sie galt nicht sowohl dem berühmten Gelehrten, als dem allgemein geliebten und verehrten Mann. Auch andere Auszeichnungen blieben nicht aus, nie von ihm gesucht, und nur soweit geschätzt, als sie eine Bedeutung haben konnten. Deshalb hat er sich nie mit einem Titel behaften lassen, weil er nichts scheinen wollte; seine Ordenszeichen legte er bei festlichen Gelegenheiten an. Wahre Freude hatte er an dem Ritterkreuz des sächsischen Civilverdienstordens, das ihm bei dessen Stiftung verliehen wurde (1816), weil er es mit Recht als ein Zeichen der persönlichen Huld des Königs ansah, die er durch aufrichtige Verehrung verdient hatte, die er auch in den Zeiten der Unterdrückung laut und furchtlos bekannte. Wenn politische Ueberzeugung nur die ist, welche unter der Fahne der Partei dient und auf ihr Stichwort schwört, so hatte Hermann sie nicht; aber er besass, dessen nicht immer die Partei sich rühmen kann, muthvolle Begeisterung für Licht und Freiheit, die sich nicht beirren liess, und echt deutsche Vaterlandsliebe. Fern von aller Vielthuerei drängte er sich mit seiner politischen Ueberzeugung

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Otto Jahn: Gottfried Hermann: Eine Gedächtnissrede. Leipzig: Weidmannsche Buchhandlung, 1849, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Gottfried_Hermann_26.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)