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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

die Kämpfe im Innern zwischen den einzelnen Żupanen und ihren Partheigängern. Erst um die Mitte des XII. Jahrh. fängt sich eine feste Herrschaft zu entwickeln an unter Stepan Nemanja; im Anfange des folgenden Jahrhunderts erhebt sich das serbische Königreich zu bedeutender Blüthe, fällt aber auf dem Amselfelde (Kosowo) unter den wüthenden Streichen des Halbmonds. Im folgenden (32) Paragraphe werden nun die sieben serbischen Fürstenthümer einzeln nach ihren Gränzen und wichtigsten Ortschaften durchgegangen, wie sie in den Schriften des Kaisers Konstantin Porphyr. sich vorfinden, welcher aus sichtlicher Vorliebe dieses Land und Volk mit den reichhaltigsten Nachrichten bedacht hat.

 5. Abschnitt. Die chorwatischen Slawen. Mit den Serben (s. d.) zugleich in die Gegenden nördlich vom adriatischen Meere berufen, theilten sie sich nach der Bezwingung der Awaren in zwei Theile, von denen einer den dalmatinisch-chroatischen Staat mit der Hauptstadt Bjelohrad auf dem Littorale, der andere den illyrisch-chroatischen mit der Hauptstadt Sisek bildete, welchen letzteren Schafarik nach Mikocy gegen alle anderen Historiker nach Pannonien und Norikum versetzt. Der Kaiser Heraklius liess ihnen das Christenthum predigen und blieb ihr Oberherr; unter seinen Nachfolgern aber suchten sie sich dem Einflusse von Byzanz zu entziehen, und da sich die dalmatinischen Chorwaten mit den ihre Herrschaft immer weiter nach Osten ausbreitenden Franken in Verhandlungen setzten, so wurden endlich ihre Stammesbrüder in Illyrikum und kurz darauf auch sie von Karl dem Grossen unterjocht. Die furchtbare Unterdrückung und die unerhörte Grausamkeit der Franken zwang sie endlich zu den Waffen zu greifen. Nach einem siebenjährigen, blutigen Kampfe errangen sie unter dem Anführer Porin (zwischen 825–830) ihre Selbstständigkeit. Als einige Zeit später in Bulgarien, Serbien und dem grossmährischen Reiche das Christenthum nach der orientalischen Kirche mit slawischem Ritus eingeführt wurde, nahmen es auch die Chorwaten (um 868) aus eigenem Antrieb an; später nach Einführung der glagolitischen Schrift wurden die Grundsätze der römischen Kirche herrschend, doch blieb die slawische Liturgie; endlich aber wurde auch diese verboten (928). Nach dem Aussterben der Herrscherfamilie der Drżislawe kam es zu den blutigsten Kämpfen im Innern, da jeder der Bojaren König werden wollte. Einer von ihnen rief den König Ladislaw von Ungarn auf den chorwatischen Thron, welchen derselbe auch nach einigem Widerstande einnahm, indem er der Nation ihre alten Freiheiten und Rechte zusichern musste. Sein Enkel, Koloman, wurde 1102 zum Könige von Chroatien gekrönt; das Land blieb unter der Verwaltung eines königlichen Banes. Nachdem der Verfasser im §. 34 die Sitze und die Zweige dieser chrowatischen Völkerschaften genauer durchgegangen, erklärt er zum Schlusse, dass der eine Theil dieses Gebietes, Slawonien, erst seit der Schlacht bei Mohacz (1526) von dem eigentlich jetzt noch so genannten Croatien unterschieden wurde. Zur Erklärung der zwei verschiedenen Sprachdialekte unter den chroatischen Slawen nimmt Schafarik an, schon in ihrer Heimath, in Rothrussland (Weisschroatien) hätten zwei abweichende Mundarten dieses Dialektes bestanden, und seien mit der Nation selbst nach dem Süden gekommen.

 6. Abschnitt. Von den kärnthnischen Slawen. Erst in der zweiten Hälfte des VI. Jahrh. (nicht früher, wie viele meinen) wurden diese Slawen in das nordwestliche Pannonien, Norikum und Carnien von den Awaren entweder vorwärts gedrängt (so dass sie die neuen Länder mit gewaffneter Hand einnahmen), oder von ihnen als Colonisten und Gränzwächter gegen die Franken und Longobarden dahin versetzt; ihre Ausbreitung und Festsetzung in diesen Ländern geschah zwischen 592 und 595. Auch mochten die awarischen Chane während der Friedenszeit von 601–611 einzelne Abtheilungen von Donauslawen in diese Gegenden überführt haben, woraus sich die Verschiedenheiten in Sitte und Sprachdialekt unter den heutigen Winden erklären lassen. Lange Zeit lebten sie bald abhängig von den Awaren, bald wieder frei; mit den Franken führten sie blutige Kämpfe, bis sie von Karl dem Grossen für dauernd zu dem fränkischen Reiche vereint wurden. Erst jetzt konnte das Christenthum unter diesen Slawen freien

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/109&oldid=- (Version vom 3.11.2018)