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Seite:Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft 1 (1843).pdf/139

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

vor Aller Augen. Interessante Facta werden S. 12 angeführt, die wir uns nicht enthalten können, hier mitzutheilen: „Dieser Unfug, heisst es da (dass nämlich in einer rein slawischen Gemeinde die Schulkinder in allen Gegenständen magyarisch unterrichtet werden und dass nur der Religionsunterricht noch slawisch bleibt), auf den sich die nyiregyhazer Magyaromanen gar viel einbilden, wird auch anders wo getrieben. Und das sollte heissen, neben der Muttersprache auch die magyarische zu lernen! (das stellen die Magyaren als ihre einzige Foderung auf.) Denn warum führte man in Gemeinden, die aus lauter Slowaken bestehen, wie zu Csetnek und Ochtina, magyarische Predigten ein? Warum wird zu Komlos slawisch und zu Dopschau deutsch gesungen, und dann magyarisch gepredigt? Hat man auch zu Kis Csalomia blos einen Nebenunterricht in der magyarischen Sprache beabsichtigt, als man auf dem Kirchenconvente den Beschluss fasste: „damit die Nationalisirung durch den allgemeinen Gebrauch befördert werde, und wir selbst uns je eher magyarisiren, so soll man dahin wirken, dass jedes Schulkind magyarisch zu beten, nach drei Jahren aber auch zu lesen, zu singen, ja sogar zu sprechen wisse.“ Diess war unter Androhung einer augenblicklichen Absetzung dem armen Schulmeister zur Pflicht gemacht. Ferner wurde beschlossen, der eben neugewählte Prediger habe jeden dritten Sonntag und am ersten Tage der hohen Feste magyarisch zu predigen. Am Charfreitage müsse der Gottesdienst und das heilige Abendmahl magyarisch verrichtet werden (heisst das nicht das Heiligste profaniren?). So soll es ein Jahr lang dauern, nach dessen Verlauf in den drei nach einander folgenden Jahren wechselsweise magyarisch und slawisch gepredigt werden. — Später auf die darauf folgenden Jahre hat man den Slawen nur jeden dritten Sonntag eingeräumt, und den Erwachsenen die hohe Gnade ertheilt, sich das heilige Abendmahl in der slawischen Sprache administriren zu lassen. Nach zehn Jahren dieser diocletianischen Verfolgung sind alle diese Slowaken fertige Magyaren, und der slawische Gottesdienst hört ganz auf. — Und dabei heisst es ausdrücklich: „Nur bei dieser Ordnung könne der neue Seelsorger auf das ausgezeichnete Wohlwollen des Patronats rechnen.“ — Um endlich diess Alles um so sicherer zu erreichen, so wird der „verehrte und in der Hoffnung alles Guten, Schönen und Wohlthätigen gewählte Seelsorger“ ermächtigt, aus der Gemeindekasse so viel A-B-C-Bücher, Katechismen und Gesangbücher (nota bene Alles magyarisch) anzuschaffen, als es Schulkinder giebt. Auch will das löbliche (?) Patronat bei der Schulprüfung die in der magyarischen Sprache ausgezeichneten Schüler belohnen. — Diese väterliche Fürsorge wird natürlich auch auf die Filialgemeinden ausgedehnt, und von nun an sollen die Leichenbegängnisse daselbst in magyarischer Sprache ausschliesslich gehalten werden. — Oder Freiheit, die man so oft im Munde führt, und die eigentlich jene nur für sich behalten wollen, welche sich berechtigt glauben, dergleichen Vertilgungsgesetze zu machen, und eine ganze Gemeinde sammt Pfarrer und Schulmeister so zu beknechten! — Diese Beispiele widerlegen jene von einem berüchtigten Manne (Grafen Zay) bis zum Ekel wiederholte Behauptung, der Protestantismus sei der Träger der Freiheit; denn wenn dieses Benehmen kirchlicher Behörden und Vorstände keine Gewaltthätigkeit, und diese Lage lutherischer Slowaken keine Sklaverei ist, so sind die Peitschenhiebe der Sklavenaufseher lauter Liebeserklärungen und die vom Grafen Zay gefürchtete „russische Knute“ höchstens ein Diachylumpflaster. — „So viel ist also gewiss (so schliesst der Verf. seine Darstellung dieses Gegenstandes), es handelt sich von Seite der Mehrzahl der Magyaren darum, die alleinige Oberherrschaft im Lande zu behalten, und die übrigen Bewohner „fremder Zunge“ planmässig sobald als möglich zu vertilgen!“ — Dabei drängt sich dem Verf. die Frage auf: „Womit beschönigen oder rechtfertigen denn die Magyaren ihre Anmassungen, welche sie sich gegen die Nichtmagyaren erlauben?“ — „Mit dem Rechte der Eroberung!“ ist die Antwort. Der Verf. beweiset nun aber mit historischer Sicherheit, dass die Slawen das Land als Bundesgenossen besetzt hielten und dass es vor Kaiser Joseph Niemandem eingefallen, die Slowaken als Knechte der

Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/139&oldid=- (Version vom 8.10.2019)