Seite:Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft 1 (1843).pdf/181

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

Reihe von Unordnungen, Missgriffen, Ungerechtigkeiten, Schandthaten und Freveln wird diess zur Folge haben? Wie wird der Slawe und der Deutsche sich nur zu vertheidigen im Stande sein, besonders wenn alle Beamte Magyaren werden sollen, denen Hass und Verfolgung gegen die „Fremden“ [im eigenen Vaterlande?] Richtschnur und Massgabe im Handeln ist). Das Militair endlich soll nun diese zur Amts- und Exerciersprache erhalten, alle Officiere daselbst geborne Ungarn (ist das auch Magyaren? Und sind denn die Slawen und Deutschen nicht epauletsfähig in ihrem Vaterlande?) sein. – Damit ferner die Nationalsprache im ganzen Lande verbreitet werde, soll sich dieselbe Jedermann (auch der Bauer?) eigen machen; dem zu Folge soll 4) die ungarische Sprache bei allen Schulen im ganzen Lande als Unterrichtssprache eingeführt werden, wie diess auch mit Beseitigung der lateinischen Sprache thunlich ist (? So? Wurde denn bisher in jeder Schule lateinisch gesprochen und gelehrt? Die Herren scheinen immer nur die erhabenen Höhen vor den Augen zu haben, aber das Dorf, der Bauer, gilt dem Hochadeligen freilich nichts.) – Die Nutzanwendung der lateinischen Sprache wird nicht in Abrede gestellt, jedoch wird selbige bloss als gelehrte Sprache betrachtet und soll folglich Niemand zu derselben verpflichtet werden. Es ist vielfältig nachtheilig, dass die Jugend die Zeit, welche sie zum Erlernen nützlicher Kenntnisse in der Muttersprache (meint man nicht vielmehr zum Erlernen der magyarischen Sprache, wie unten zu sehen?) verwenden könnte, viele Jahre der lateinischen Sprache bloss darum widmen muss, um selbige zu vergessen. Denn während der Erziehung und in den Jahren des Unterrichts erlernt die Jugend die Nationalsprache am leichtesten und wird diese auch ausser dem Gelehrten– und Amtskreise, als Künstler, Kaufmann, Handwerker und Landwirth einst im ganzen Lande wesentlich brauchen können. Wir erneuen daher unsere allerunterthänigste Bitte dahin, dass die ungarische Sprache bei allen Civil- und Militair-Instituten, wie auch bei den Volksschulen (!) allgemein angeordnet werden möge. – 5) Sollen zu diesem Endzwecke demnächst ungarische Präparandenanstalten errichtet werden. 6) Es sei „die Pflicht“ jedes Menschen, der die Wohlthaten des gemeinschaftlichen Vaterlandes geniesst, dass er auch der Nationalsprache kundig sei. (Wir läugnen diese „Pflicht“, da es unmöglich ist, sie zu erfüllen. Am allerwenigsten, dünkt uns, könnte die Rede davon in Ungarn sein, wo es gar nicht einmal eine Nationalsprache (κατ’ ἔξοχην), sondern nur eine Geschäftssprache, die magyarische, und mehrere Nationalsprachen, die magyarische, slowakisch-böhmische, serbische, illyrische, deutsche, wallachische, ja selbst die polnische und russinische giebt. Wir meinen vielmehr, es sei „Pflicht“ und das eine heilige Pflicht der Regierung und Verwaltung, dafür zu sorgen, dass „jeder Mensch“, welcher zu den Lasten des Staates seinen Antheil eben so gut beiträgt, wie jeder andere, in seiner eigenen Nationalsprache, d. i. also in der magyarischen, slowakisch-böhmischen, serbischen, illyrischen, deutschen, wallachischen, und etwa polnischen und russinischen, den hinlänglichen Unterricht und die seinem Stande angemessene Bildung und Erziehung empfange.

Das fordert die Gerechtigkeit, die Vernunft, die Humanität, das wahre Wohl des Gesammtvaterlandes, das jene Leute freilich nicht in Cultur und geistiger Entwickelung, sondern nur in der Magyarisation finden.) Es soll demnach der §. 4. des Art. 8. der Verfügung von 1836, von der Zeit des jetzt zu creirenden Gesetzes an, in 10 Jahren auch auf die Nebenländer der ungarischen Krone verpflichtend ausgedehnt werden. (Der voranstehende Artikel enthält die Antwort auf dieses Petitum von Seiten Illyriens.) Hinsichtlich der königlichen Freistädte möge die Verfügung bestehen, dass nach 10 Jahren kein Inländer ohne Kenntniss der ungarischen Sprache das Bürgerrecht erhalten dürfe. (Also lieber Ausländer, Abentheurer und zusammengelaufenes Gesindel, als die eigenen Staatsangehörigen?) 7) Unter den Mitteln zur Belebung und Ausbreitung der Nationalität wird beantragt: „dass alle fremdartigen Zunamen in’s Ungarische übersetzt und die hierbei einzureichenden Bittschriften Allerhöchsten Ortes taxenfrei erledigt werden.“ (Also bis in das

Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/181&oldid=- (Version vom 3.11.2018)