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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

grossen Werke bei, und es ist hier eine Literatur im Entstehen, die bei der jugendlichen Begeisterung ihrer Vertreter und Pfleger die schönsten Kräfte entfaltet. Auf diese Weise entwickelt sich auch im Süden des österreichischen Kaiserstaates eine slawische Nationalität mit jugendlicher Kraft und der festen Hoffnung auf sicheren Erfolg ihrer Bemühungen, analog der czechischen Nationalität im Norden des Landes. Beide stehen mit einander in dem innigsten gegenseitigen Verhältnisse, da die südliche Völkercoalition nicht allein ein Corollar oder vielmehr sogar zum Theil eine Tochter der nördlichen ist, sondern von dieser auch in der wissenschaftlichen Welt, so wie in dem Leben bevorwortet und mit allen Mitteln, welche letzterer zu Gebote stehen, unterstützt und gekräftiget wird.“ — So spricht er hier mit der grössten Bewunderung und Achtung für die patriotischen Bemühungen; aber er musste auch die Gegenseite berühren, und wirft vor, dass sie den Namen Illyrier schlecht gewählt haben, schliesst hieraus, dass sie bleiben sollten, was sie waren, Kärnthner, Krainer, Dalmatiner, Ragusaner, Montenegriner, Serben, Kroaten, Slowaken etc.; — er hebt die ihnen entgegenwirkende Parthei und schliesst mit den Worten: „Schon stehen diejenigen nicht mehr allein, welche sich weigern, das Illyrenthum anzunehmen; es hat sich bereits eine Parthei gebildet, welche dasselbe mit Kraft zurückweiset und seine Macht in der Idee, wo es längere Zeit herrschend war, zu brechen sucht. Und diese Parthei ist mitten in dem „grossen Illyrien“, bestehet aus Slawen, welche auch zu den idealen „Illyriern“ gehören: es sind das die Serben in Ungarn, welche den Fehdehandschuh hingeworfen haben und nun in ehrlichem und offenem Kampfe der frohen Aussicht eines gewissen Sieges sich hingeben; denn auf ihrer Seite steht Golt und das Recht — das Volk und die Nationalität.“

Ein Russine.
Anmerkung. Ueber das vorliegende Buch sind uns die widersprechendsten Ansichten zugekommen. Die Einen lobten dasselbe über alle Maassen und hoben besonders die darin ausgesprochene Tendenz hervor; die Andern traten es mit Füssen, nannten es ein „Pasquill“, ein „erbärmliches, nichtswürdiges Machwerk,“ — „voll jesuitischer Tücke“, im Interesse Russlands geschrieben (!?!), und dergleichen mehr. Wir waren nicht im Stande, die Meinungen Aller hier geltend zu machen und nahmen nur jene beiden Artikel auf, welche uns am durchgreifendsten die Sache darzustellen schienen.
D. Red.


 2. Vorlesungen über slawische Literatur und Zustande. Gehalten im Collége de France in den Jahren von 1840—1842 von Adam Mickiewicz. Deutsche, mit einer Vorrede des Verfassers versehene Ausgabe. Leipzig u. Paris 1843, Brockhaus u. Avenarius. I. Theiles 1. Abthl.

 Wir haben bereits im 1. Hefte der Jahrbücher S. 68 über dieses interessante Werk berichtet, damals aber nur den in polnischer Sprache erschienenen zweiten Theil besprochen; nun liegt uns von dem ersten Theil die erste Hälfte zwar nicht im Original, doch aber immer in einer guten Uebersetzung vor, welche nach dem polnischen (aus dem Französischen verfertigten) Texte gemacht worden ist. Der Inhalt der Vorlesungen ist in Kurzem folgender:

 Nachdem der Verfasser über seine Befähigung zu der slawischen Lehrkanzel am College de France sich ausgesprochen, stellt er die Behauptung auf, die Slawen trügen es sehr schwer, dass Europa Zweifel hege darüber, ob die Slawen „zur Vergrösserung der geistigen Reichthümer und sittlichen Güter des Christenthums etwas beigetragen“ haben; vergeblich hätten sie daher versucht, in der eigenen Sprache der westlichen Völker zu reden; nun aber hätten sie begriffen: „dass, um die Aufmerksamkeit der westlichen Völker, durch so viele Erschütterungen zerstreuet, und mit so vielen wichtigen Dingen beschäftigt, zu gewinnen, es nicht genug sei, ihnen einige glänzende Punkte auf dem Horizonte des Slawenthums zu zeigen, dass es nöthig sei, seinen ganzen Schild zu enthüllen, dass man näher bringen und hinstellen müsse dem Anschauen des Westens die ganze Masse

Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/208&oldid=- (Version vom 30.11.2019)