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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

und sein Volk mit allen Gefühlen der Liebe und Verehrung umfasse; und dazu kann eine Darstellung der ruhmvollen Zeiten der Vergangenheit nur förderlich sein.

 10. Handbuch der Geschichte des Herzogthums Kärnten bis zur Vereinigung mit den österreichischen Fürstenthümern. Von Gottl. Freih. v. Ankershofen. Klagenfurt 1842. XVI u. 63 S.

 11. Handbuch d. Geschichte d. Herzogth. Kärnten in Vereinigung mit d. österr. Fürstenth. Von Heinr. Hermann. Klagenf. 1843. 95 S.

 Diese beiden Schriften, welche auch den gemeinschaftlichen Titel: „Handbuch der Geschichte des Herzogthums Kärnten“ führen, machen den Anfang zu einem recht interessanten Werke, das eine bisher weniger beleuchtete Partie der deutsch-slawischen Geschichte aufzuklären bestimmt zu sein scheint. Was den Verf. des ersten Theiles anbelangt, so bezeichnet er seine Arbeit als einen Versuch, und das ist sie allerdings. Wir erkennen in dem Verf. den Historiker vom Fach, aber nicht den vollständigen Historiker; denn um eine Geschichte des Herzogthums Kärnten in der Altzeit zu schreiben, ist es unbedingt nothwendig, dass man von Schafarik nicht bloss die „Abkunft der Slawen“, sondern vielmehr noch seine „slawischen Alterthümer“ kenne. Dieses ausserordentliche Werk ist für den Zeitpunkt, welchen der Verf. hier bespricht, wahrhaft klassisch und die Resultate der Forschungen, welche nirgends anders auch nur in der entferntesten Aehnlichkeit zu finden sind, bleiben für die Geschichte aller Länder von der Elbe und Saale, dem Böhmerwalde und den Alpen nach Osten hin so wichtig, dass wir uns berechtigt glauben, Zweifel zu hegen gegen jeden Historiker dieses Raumes, welcher mit jenem Werke gänzlich unbekannt ist. Ausser diesem Mangel scheint dem Verf. auch noch eine genaue Kenntniss der slawischen Sprache zu mangeln, und doch dünkt auch sie uns eine nothwendige Bedingung zu einer gediegenen Erforschung der alten Geschichte Kärntens. Hätte der Verf. diese beiden Bedingungen erfüllt, so wäre er gewiss nicht in Zweifel darüber gewesen, zu welcher von den beiden über die alte Bevölkerung des Südens vom jetzigen Deutschland sich streitenden Parteien er sich bekennen solle. Dem Verf. fehlt es nicht an der redlichen Absicht, die Wahrheit zu sagen, noch an der genügenden Thätigkeit, sie aufzufinden; aber das Slawische will ihm nicht schmecken, wie leider so vielen Historikern der Gegenwart. Alle vorhandenen Denkmäler und Schriften, welche aus Deutschland und dem Westen überhaupt über seinen Gegenstand ihm zugänglich waren, hat er getreulich benutzt, und dadurch gezeigt, dass er wohl umsichtig zu Werke ging. Die beigefügten Anmerkungen, welche nicht bloss Erläuterungen, sondern auch Quellenstellen in ihrem Urtexte angeben, beweisen diess deutlich genug, denn sie nehmen 63, während der eigentliche Text nur 35 Seiten einnimmt.

 Anders ist die zweite Abtheilung geschrieben. Eine Frische und Lebendigkeit weht in dem Buche, welche den Leser wohl anmuthet, aber dem Forscher den Zweifel aufdringt, ob das wohl alles so gut und schön sei, wie es dargestellt ist, ob nicht die Phantasie das ihrige dazu beigetragen, die Farben zu erhöhen, die Schatten zu vertiefen, ja, ob nicht sogar die Lebhaftigkeit selbst der ruhigen Forschung geschadet hat. Bücher, wie das vorliegende, haben ihren eigenthümlichen Werth, und der Verf. hat ihn dadurch angedeutet, dass er sein Buch „dem Vaterlande“ widmete; aber sie sind nicht geeignet, mit Schriften, wie die vorhergehende, ein Ganzes zu bilden. Als charakteristisch für das ganze Buch führen wir die Worte aus seiner Vorrede an: „So sei es gewagt, ihn heraufzubeschwören jenen Geist der Vergangenheit und zu erzählen, was Kärnten unter Oesterreichs Fürsten, als ein Theil des bald grössern, bald kleinern Länderverbandes, geworden, wie es mit ihnen litt, für sie kämpfte, und dafür in den Tagen des Friedens von Regenten-Weisheit und treuem Zusammenwirken erntete.“

Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/230&oldid=- (Version vom 22.12.2019)