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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

als dass die Slawen in Ungarn ihr Heil vom Norden und Süden erwarten. Diess heisst nichts weniger als einen ganzen Volksstamm des Hochverraths beschuldigen. Einer solchen[WS 1] Beschuldigung kann man nicht offen, fest und ernst genug entgegentreten[WS 2]. Wer sein Heil von etwas anderm erwartet als von Ungarns gesetzgebendem Körper, von seinem gekrönten König, ist ein Hochverräther. Wir aber sagen mit stolzem Selbstbewusstseyn: in Ungarn gibt es keinen Hochverräther.“ S. 91 spricht Hr. Pulszky die Hoffnung aus, dass man über die Beschwerden der Slawen bald etwas Genaueres erfahren werde. Diese Hoffnung theile ich auch, aber nicht darum, weil der Generalconvent der Evangelischen, wie Herr Pulszky sagt, ein Untersuchungscomité ernannt hat, denn die Klagen der Slawen sind ja eben meistens gegen den Generalconvent gerichtet, sondern die Sache wird ins Klare kommen, weil die evangelischen Superintendenten ihre Klagen an den Stufen des Throns bereits niedergelegt haben.“ Das einzige Gute in der Vierteljahrsschrift sei die Besprechung zweier Flugschriften über Ungarn von Lukács, einem gemässigten Oppositionellen. — Nr. 92 u. 93. Ueber den Fürsten Dolgoruki und Golowin, welche Schriften über Russland, jener: Notice sur les principales familles de Russie par le Comte d’Almagro (bereits herausgegeben), und: Histoire de Russie depuis l’avénement de la dynastie de Romanow (zum Drucke vorbereitet), dieser ein politisch öconomisches Werk, worin die Frage der Leibeigenschaft mit vieler Freiheit verhandelt wird, verfasst haben, wird deutlicher Bericht erstattet und ihre Rückkehr als davon abhängig bezeichnet. Ueber die halbconstitutionelle Verfassung von Russland vor den Romanow’s ist man in Russland allerdings unterrichtet, obgleich die Sache weder mit dem Namen bezeichnet, noch in öffentlichen Blättern genauer detaillirt werden darf. Dem Historiker wie dem Staatsmann ist sie bekannt genug. — Nr. 97. Der ungarische Adel und die ungarischen Finanzen; als eine Antwort gegen die Beschuldigungen der magyarischen Ultra-Partei, als habe Hr. Dr. J. Wildner, Edler von Maithstein, in seinem Buche über diesen Gegenstand falsche Ansichten verbreitet. — Nr. 98. Eine „Erklärung über die Vierteljahrsschrift aus und für Ungarn“, gegen den früher erwähnten Bericht vom Grafen Mailáth über diese Schrift von ihrem Redakteur Henszlmann. Es heisst darin: man wundere sich, dass Graf Mailáth beweisen wolle, dass die Vierteljahrsschrift und Pulszky „die Slowaken in Ungarn des Hochverraths beschuldige“, wovon er sich früher nichts habe träumen lassen. Also Anhänglichkeit eines österreichischen Unterthanen an den russischen Kaiser ist kein Hochverrath? Weiter heisst es: Was brauchte Graf Mailáth Zrinyi als Croaten, Hunyady als Walachen anzuführen? Kann ihm doch jeder Schulknabe darauf antworten, dass beide durch und durch Ungarn waren, und dass er als Chronist wohl hätte wissen sollen, dass eine ungarische Correspondenz von Nikolaus Zrinyi noch heutzutage existirt. Freilich hätte der Graf nicht zu erinnern brauchen, dass die beiden Männer, vielleicht die grössten Helden der ungarischen Geschichte, einer gegenwärtig in Ungarn „fremden“ Nation angehörten. Sie waren durch und durch Ungarn, aber nicht ein Funke von Magyaren. Darin liegt der ganze Zorn des Herrn Henszlmann. — Nr. 100. Der Abfall des Grafen Mirski von der polnischen Sache wird berichtet. Sein Brief an den in Warschau zurückgebliebenen Sohn wird mitgetheilt, sowie die demselben hierauf ertheilte Erklärung von Seiten der Polen in Paris, worin sie als ihre Pflicht bezeichnen, „zusammenzutreten, um im Namen Gottes in unserer Seele und in unserem Gewissen ein Urtheil auszusprechen über diese Handlung Mirski’s.“ Sie haben dieselbe daher „verdammt: als einen Hochverrath gegen die polnische Nation, welche frommen Herzens treu geblieben ist dem göttlichen Gedanken, den sie repräsentirt und dessen Symbol sie ihrem Glauben und in ihren Hoffnungen bewahrt; als einen Act der Verleumdung[WS 3] gegen die polnische Emigration, welche ihrer nationalen Sendung treu bleiben wird; als eine Beleidigung gegen den ganzen slawischen Stamm, der aus Instinkt jede Art von Verrätherei verabscheut; als einen Act der Undankbarkeit gegen Frankreich, unser Schwestervaterland, welches Mirski unter dem Rechtstitel eines Vertheidigers der polnischen Nationalität an seinen Heerd aufgenommen, und dessen Brod er gegessen an demselben Tage, da er auf seinen Frevel gegen die polnische Nationalität bedacht war. Wir Unterzeichneten haben beschlossen, dieses Urtheil, den Ausdruck unserer gemeinsamen Gesinnung, zur Kenntniss Polens, Frankreichs und der slawischen Völker zu bringen, die Originalurkunde aber aufzubewahren, um sie eines Tages der Regierung zuzustellen, welche die Vorsehung beauftragt haben wird, factisch auf Erden die Gerechtigkeit zu üben, welche wir nach unserer innigsten Ueberzeugung heute moralisch ausgeübt haben vor Gott.“ — In der Beilage wird in einem Artikel aus Ungarn dem österreichischen Kaiserstaate der Titel eines deutschen abgesprochen; später scharf getadelt, dass „endlich gar diejenigen Gegenden Ungarns, die zum Theil nur untermischt von sonst keine besonderen politischen Rechte geniessenden Slawen bewohnt werden, ein Slawengebiet genannt werden;“ zuletzt noch behauptet, „es klinge beinahe gar zu komisch, dass man das natürliche, folglich ohnehin nicht bestreitbare Recht der Deutschen wie der Slawen beweisen wolle, auch in Ungarn ihre Muttersprache reden zu dürfen.“ (Also blos reden, also nicht schreiben? — Und warum verbietet man dann slawische Predigten in rein slawischen Gemeinden?) — Nr. 112. Zwei tüchtige Artikel aus Ungarn über die Eisenbahn nach Fiume und den ungarischen

Anmerkungen (Wikisource)

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  3. Druckfehler. Veuleumdung in der Vorlage.
Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/246&oldid=- (Version vom 10.1.2020)