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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

„Herzog Schwantepolck stiftet das Abtkloster Buckow und besetzt es mit deutschen Mönchen. Dasselbige hat den Hinterpommern, als sie noch wendisch waren und keine Deutschen zu sich einstatten wollten, sehr verdrossen und sind aufrührisch geworden und haben die Mönche verjagt und das Kloster niedergebrochen. Denn sie sahen, dass die Sachsen, so in Vorpommern gekommen, so übermüthig und unbillig gegen ihre Landsleute, die Wenden, handelten, dass sie dieselben nicht allein von allen Aemtern und Würden stiessen, sondern auch gar aus den Sätdten und Dörfern verdrängten.“ Neben der Geistlichkeit trug auch die weltliche Macht nicht wenig zur Germanisirung der Westkaschuben bei. „Kaiser Heinrich (IV.) hat die pommerschen Fürsten zu sich ins Lager von Lübeck im J. 1181 verschrieben und sie zu Herzögen des heiligen römischen Reichs gemacht und unter das Reichs-Pannyr belehnet und sie darauf herrlich beschenkt und sich mit guten Worten und vielen Vertröstungen sehr gnädig erzeiget. Also sind die Fürsten von Pommern voller Vertröstung und mit prächtigen Namen und Titeln wieder weggezogen und sind von dieser Zeit Herzöge gewesen. Aber es ist eine sehr geringe Ehr gegen die Freiheit, die sie dagegen übergeben haben. Zuvor sind sie Niemandem unterthan gewesen und haben geherrscht und gewaltet nach ihrem eignen Willen.“ Hierauf sah sich Kasimir, der nach dem Tode seines Bruders Boguslaw allein Herzog von Vorpommern blieb, genöthigt, seine beiden Söhne Boguslaw und Kasimir dem Bischof zu Mekelnburg, Berno, zu übergeben, „damit er sie in Gottesfurcht erziehen und die deutsche Sprache lehren möchte, damit sie desto besser möchten zum Regiment dienen, und von den Deutschen mehr geachtet werden, denn zuvor.“ Kaum hatte man so durch glänzende Vorspiegelungen die Fürsten verleitet, den alten Sitten ihrer Vorfahren untreu zu werden, ihre Muttersprache zu verlassen, so trieb man die Sache weiter. Durch falsche Versprechungen wurden sie zum Kriege verlockt und tückisch im Stiche gelassen. Kaiser Friedrich Barbarossa fordert den Herzog Boguslaw zu einem Kriegszuge nach Dännemark gegen den König Kanut auf, verlässt ihn aber dann, und der Herzog verliert nicht nur seine fünfhundert Schiffe mit der gesammten Mannschaft, sondern muss auch noch der gänzlichen Ausplünderung und Verwüstung seines Landes zusehen, grosse Schatzung geben und endlich zusagen, niemals gegen die Krone von Dännemark, die Fürsten von Rügen und ihre gewonnenen Städte zu handeln. „Es ist aber, sagt Kanzow, sein wendisch Volk so sehr in diesen Kriegen erschlagen und ausgerottet, dass das Land gar wüste und öde ward, und er wiederum zur Besetzung des Landes hat müssen Sachsen und Fremdlinge hereinfordern und ihnen die Städte und Dörfer eingeben. Daraus sieht man, was Böses der Krieg trägt, dadurch das Volk nicht allein arm und elend, sondern auch oft in Grund vertilgt und ausgerottet wird und einem andern seine Stelle gönnen muss, dem es sie nie gegönnt hat und das sie fortan noch bas unterdrückt und vertilgt; wie denn auch unsern armen Wenden von den Sachsen widerfahren. — Diese haben die Städte in eine bessere Gestalt und Höfflichkeit gebracht und haben die Wenden so gar verachtet, dass sie sie neben sich nicht haben leiden wollen und in keine Gylde und Werke gestatten. Darum sind sie aus den Städten bald ausgerottet und nur in den Dörfern geblieben, da man sie eine Zeitlang zur Bauung des Landes gelitten, aber die Länge auch in Vorpommern ganz und gar ausgerottet hat. — So sind dieser viele zu den Hinterpommern geflogen und haben ihnen ihr Leid geklagt, die es ein Mitleiden gehabt und derselben wegen den Vorpommern sehr feind geworden sind und hernachmals wenig Gunst und Freundschaft haben halten wollen, und haben von dieser Zeit an die Pommern nur Teutsche und Sachsen geheissen und haben sie für ihre Landsleute nicht mehr halten wollen; daraus auch hernachs gekommen, da ihre rechte Herrschaft loss starb, dass sie viel lieber einen Polen annahmen, als ihre Erbherrschaft, die Herzoge in Pommern.“

 Dies war die Art und Weise des Mittelallers, die westlichen Kaschuben zu germanisiren. Nicht sehr verschieden hievon ist die Germanisirung der Ostkaschuben

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/255&oldid=- (Version vom 19.1.2020)