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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

Partei über die aristokratische unterliege keinem Zweifel. Dann folgen Darstellungen der Thätigkeit der einzelnen Partheien und Vereine, mit Angabe ihres finanziellen Zustandes. Zum Schluss nimmt ein Artikel: „die Sekte Towianski’s“ unsere Aufmerksamkeit besonders in Anspruch. Das selbst diesen bittersten Feinden des neuen Propheten in manchen Punkten noch räthselhafte Auftreten dieses Mannes wird so ziemlich unparteiisch gewürdigt, er selbst als Mystiker dargestellt, welcher die an sich zur Mystik geneigten Polen, z. B. einen Mickiewicz, Goszczynski u. dergl., an sich zog und täuschte und von ihnen wieder getäuscht wurde. — Ein Verzeichniss der Schriftwerke und der vorzüglicheren Brochüren, welche in der Emigration während des Jahres 1842 erschienen, beschliesst den historisch wichtigen Theil des Almanachs. Es folgt nun: „die Historie des Schusters Jan Kilinski, Stadtrathes von Warschau, Obristen der erlauchtesten polnischen Republik, Kommandanten des 20. Infanterieregiments unter Kosciuszko“ in einer Art von Knittelversen, welche eine eigenthümliche Wirkung auf den Leser nicht verfehlen. Nach einem: „Gedichte Simon Konarski’s, kurz vor seinem Tode geschrieben“ folgt ein „Auszug aus den Memoiren des Bürgers Michael Kołacz, gestorben als Scheunenstarost in der Lubraniecer Gemeinde der Wojewodschaft Thorn im Jahre 1932 der christlichen Aera“, herausgegeben von L. Mieroslawski. Zweite Abtheilung. Aufstand des Kongresskönigreichs. Umsturz der diplomatischen und konstitutionellen Regierung. Befreiung Polens aus dem moskowitischen und deutschen Joche. Die Jahre 1830, 31 und 32. — Eine durch und durch satyrische Darstellung der letzten polnischen Revolution, in welcher die Handlungsweise der Häupter derselben auf das Unbarmherzigste gegeisselt wird. Nicht schlecht ist eine Stelle über das Slawenthum, S. 270, wo es heisst: „um diese Zeit entdeckte man auch die Existenz des Slawenthums, des sechsten Theiles der Welt. Bis dahin hat man gemeint, dass alles in Europa, was zwischen dem Rhein und der Oka liegt, dass alles das Deutsch sei. Am innigsten davon überzeugt waren die offenbar slawischen Theile des österreichischen Staates. Plötzlich fällt ein gar gelehrter böhmischer Philolog auf den Gedanken, dass zwischen der deutschen und böhmischen Sprache ein Unterschied sei. Vom Faden zum Knäuel! Allmählig zeigte sichs, dass die beiden Sprachen einander ähnlich waren, wie Tag und Nacht; in der Folge, dass Libuscha und Maria Theresia, welche man bis dahin für ein und dieselbe Königin hielt, zu verschiedenen Zeiten gelebt haben; und dass die eine über die Czechen herrschte, als noch das deutsche Kaiserthum nicht war; die andere aber in dem deutschen Kaiserthum regierte, als bereits Niemand mehr an Libuscha dachte. Bei dieser Erscheinung flogen die böhmischen Gelehrten in ganzen Schaaren in die weite Welt hinaus, wie Kartätschen aus einer Kanone.“ Die Ansichten über die Lage Europas in jener Zeit sind höchst interessant und in der Gegenwart gewiss nicht ohne Bedeutung. — Den Schluss bilden drei Gedichte von Cienglewicz in russinischer Mundart für das russinische Volk.

 Beiträge zur Geschichte des russischen Reichs. Von Dr. Ernst Hermann. Leipzig, 1843. Hinrichs. XXVI und 244 S. 8.

 Diese Beiträge enthalten eine höchst wichtige und interessante Abhandlung über die Verbindung Nowgorod’s mit Wisby und der Deutschen mit den Russen. Der Verfasser nennt denselben: „Andeutungen über den Einfluss der Deutschen auf die Russen im Mittelalter und die Stellung der Ostseeprovinzen zum russischen Reich“; er bemüht sich, darzuthun, dass der Flor der nordrussischen Städte in jener Zeit ausschliesslich den Deutschen und der Hansa zu verdanken sei, und führt dazu mancherlei Daten an, welche die Wirkung des Westens auf Russland darlegten. Indess lässt es sich nicht leugnen, dass diesen Daten selbst ein zu weiter Spielraum eingeräumt wird, dass man zu viel aus denselben erschliesst. Die Verbindung Nowgorod’s, der Republik, mit der Hansa ist sicher; ob

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/294&oldid=- (Version vom 29.1.2020)