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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

und Orthographie fest, sondern was das Wichtigste ist, mit dem Geiste der böhmischen Sprache bekannt und allmählig zur fleissigen Lektüre auch anderer guter Bücher angeleitet, ihr Verstand geschärft, ihr Herz gebildet, ihre Sitten veredelt werden.

 Dass ein solcher Vorrath von Büchern in den Gymnasien auf dem flachen Lande sehr zweckdienlich und vor Allem nothwendig ist, wird gewiss Niemand leugnen, weil man daselbst ausser den schädlichen deutschen Romanen sehr selten ein anderes Buch zu sehen bekommt, und die lesebegierige Jugend bei dem gänzlichen Mangel einer anderen, ihrem Alter angemessenen Lektüre aus Unverstand mit Gier sich auf jene wirft, die Zeit nutzlos verschwendet, ihren Geist tödtet und alle Lust zu wirklicher Arbeit und zum nützlichen Lernen verliert.

 Zu diesem Zwecke muss man solche Schriften aussuchen, welche durch ihren moralischen Inhalt für die Jugend überhaupt, so wie durch leichten Styl für Anfänger tauglich sind; sobald dann die Schüler in der böhmischen Sprache einige Fortschritte gemacht haben, dann wird man auch Schriften höheren Inhalts und Styls ihnen in die Hand geben. Diese Bücher könnten wöchentlich ein Mal zur bestimmten Stunde ausgegeben und zurückgenommen werden; jeder Leser könnte am Ende des von ihm durchgegangenen Buches die Worte, die er nicht verstanden, nach einander auf ein reines und zu diesem Zwecke dem Buche besonders beigebundenes Blatt Papier aufschreiben, der Lehrer dann ein jedes dunkele Wort öffentlich erklären und zu jedem die echte Bedeutung hinzuschreiben, so dass dann der folgende Leser sogleich die Erklärung der weniger bekannten Worte daselbst vorfände und die wahre Bedeutung derselben erlernen könnte. Diese Bücher müssten aus Mangel an anderer Hülfe allerdings von den Schülern auf eigene Kosten herbeigeschafft werden. Aber auch das könnte ohne bedeutende Schwierigkeit zu Stande kommen, sobald ein jeder Schüler für die sechs Jahre seiner Aufenthalts am Gymnasium zur Herbeischaffung und Erhaltung der böhmischen Bücher 1—2 Fl. C. M. darbrächte, und das vorzüglich dann, wenn er durch das hohe Landesgubernium von der Zahlung des Schulgeldes befreit würde. Auf diese Weise würde ein bestimmter Fond zum Ankaufe solcher Bücher hergestellt und für alle Zeiten festgesetzt werden. Denn das muss man unseren Landsleuten zur Ehre nachsagen, dass zu guten Dingen der gute Wille bei ihnen nicht fehlt, und dass jeder, auch der ärmste Vater, wenn er einer solchen Wohlthat theilhaftig wird, gewiss herzlich gern jenes Sümmchen zu einer so vieljährigen, nützlichen Uebung seines Söhnleins darbringen würde. Auf diese Weise könnten nicht allein alljährlich neue Bücher angeschafft, sondern dieselben auch fest und dauerhaft gebunden und in gutem Zustande erhalten werden, so dass endlich nicht allein das, was die neueste böhmische Literatur bietet, sondern auch, was unsere Vorfahren in reiner und kerniger Sprache schrieben, ohne Jemandes Beeinträchtigung verschafft und unentgeltlich ausgeliehen werden kann. Dann würde es geschehen, dass unsere jungen Söhnchen gerade in dem Alter, wo sie zur Erlernung von Sprachen am fähigsten sind und zugleich die meiste Zeit haben, ohne besondere Anstrengung die heimische Sprache erlernen und nicht, wie das bisher gewöhnlich geschah und geschieht, bei einer oberflächlichen, ja selbst ohne alle Kenntniss der Grammatik verbleiben, sondern mit dem Geiste der böhmischen Sprache und des böhmischen Volkes immer mehr und mehr bekannt und mit dieser gründlichen Kenntniss auch zur heilsamen und dem Volke erspriesslichen Verwaltung aller geistlichen und weltlichen Aemter geschickt und vorbereitet würden. Dann erst würden sie, wenn sie im reiferen Alter mit dem Volke böhmisch sprechen und verhandeln müssten, im Stande sein, eine demselben verständliche Sprache zu sprechen, das Wort Gottes im Geiste der volksthümlichen d. i. reinen und durch Fremdenthum nicht getrübten Sprache zu verkünden, die höchsten Gesetze, Verordnungen und Rechte einfach und klar darzulegen und die Gesetze des Landes nach dem heiligen Willen unseres gnädigen Monarchen recht und gerecht walten zu lassen.

Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 381. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/392&oldid=- (Version vom 14.2.2021)