Seite:Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft 1 (1843).pdf/394

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

müsste, je weniger der in Böhmen, Mähren und Schlesien eingeführte deutsche Amtsstyl diese dem Volke verständliche Einfachheit an sich zeigt, sondern vielmehr durch technisch-juristische und vorzüglich lateinische Ausdrücke so überfüllt ist, dass wenn er auch wörtlich in das Böhmische übersetzt wird, er dennoch dem Volke, das sich wegen seiner Unkenntniss der juristischen Formeln diese Ausdrücke und ihren Sinn keineswegs zu erklären im Stande ist, immer noch unverständlich bleiben muss, wenn der Beamte es nicht vermag, alles das durch einfache und reine Erklärung in dem Geiste des Volkes d. i. in der Weise, wie das Volk selbst unter einander spricht, deutlich zu machen. Wer aber etwas im erhabenen oder gelehrten Style Abgefasstes dem Volke darstellen will, muss in der Volkssprache gründlich bewandert sein. Dazu aber werden Jahre erfordert, besonders die der Jugend, wo dass Gedächtniss noch empfänglich und die Zeit noch zureichend ist. Und darum ist es nothwendig, dass die Jugend Böhmens, Mährens und Schlesiens bereits auf den Gymnasien und zwar von der untersten Klasse an, anfange die vaterländische Sprache zu lernen, damit dann auf der Universität ein jeder Hörer gewissermassen nur zeige, was er könne und ein ordentliches Zeugniss darüber erwerbe. Dann erst würde der Lehrstuhl der böhmischen Sprache und Literatur der Lehrer einer reinen und klaren Diktion und dadurch Erzieher tauglicher junger Beamten werden, dann erst würde er wohlthätig auf das gesellschaftliche Leben wirken, dann erst das Zutrauen nicht blos der allerhöchsten Behörde, sondern auch der Beamtenwelt sich erwerben, dann erst würde er seinen wohlthätigen Einfluss auf Vermehrung wahrer Moralität und Frömmigkeit bewähren. In Anerkennung dieses Bedürfnisses und einer solchen Wichtigkeit der Sache hat unser allergnädigster Herr und gütigster Landesvater, stets und überaus besorgt, nicht nur um die Bewahrung und Verbreitung wahrer Frömmigkeit und Tugend, sondern auch um die Beglückung seiner Völker, dieses wahrhaft väterliche Gesetz zu erlassen und wieder zu erneuen geruht, damit unsere böhmische Jugend alsbald von ihrer Kindheit an die so nothwendige vaterländische Sprache lerne, ihre ganze Unterrichtszeit sich in derselben übe und glückliche Fortschritte mache.

 Und diese unermessliche und endlose Vorsorge unseres allergnädigsten Landesvaters sei uns nun der grösste Ansporn, dem allerhöchsten Willen Genüge zu thun und das laute Bedürfniss unseres Volkes zu befriedigen, in der festen Ueberzeugung, es sei eines jeden Staatsbürgers heilige Pflicht, die hochweisen Verordnungen der allerhöchsten Regierung nicht nur treu zu befolgen, sondern auch zu ihrer Erfüllung, wo und wie und wodurch es uns möglich, nach Kräften beizutragen.

(Aus d. Zeitschr. d. böhm. Mus. 1843. IV.)
Iosef Chmela, Prof.


II.
Wissenschaften.
1. Bausteine zur slawischen Mythologie.
Aus lateinischen und griechischen Quellen von Wilhelm Bernhardi.
II.
Gottesdienst. Gebet. Opfer.

 Es ist Bedürfniss der menschlichen Natur, die Wesen, welche sie als höhere, schützende oder feindliche erkennt, auf alle mögliche Weise zu verehren. Dies aber kann der Mensch nur auf zweierlei Weise, indem er nämlich persönlich

Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/394&oldid=- (Version vom 14.2.2021)