Seite:Jahrbuch der deutschen Radfahrer-Vereine 1897.pdf/24

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Jahrbuch der deutschen Radfahrer-Vereine mit Beiträgen hervorragender Fachschriftsteller und unter Mitwirkung der Vereine selbst

von 1869 begründet, welcher unter der umsichtigen Leitung des Genannten schnell zu erfreulicher Blüthe gedieh.

In Saalräumen wurde das Fahren, damals Reiten genannt, einstudirt, auf der Landstrasse sollte die Kunst praktisch verwerthet werden; bald zeigte sich jedoch, dass auf der schwerfälligen Maschine mit ihren eisenbeschlagenen Holzreifen nur mit grosser Anstrengung nennenswerthe Entfernungen erreicht werden konnten, bei ungünstigen Wegen oder im Winter aber gänzlich davon abgesehen werden musste; schliesslich gab man die Bemühungen nach dieser Richtung hin fast gänzlich auf und wandte sich dem Velocepediren in geschlossenem Raum zu. Der jetzige Senior des Radsports in Deutschland erkannte sofort, dass auf diesem Gebiete am sichersten Propaganda für den neuen, noch wenig bekannten Sportzweig gemacht werden konnte, er wandte desshalb seinen ganzen Eifer dem Kunstfahren im Saale zu und schuf damit den Anfang zu dem jetzt so beliebten Reigenfahren in geschlossenem Raum.

Mit kleinen Anfängen beginnend veranstaltete der M. V.-C. v. 1869 seine in den 70er und 80er Jahren weit und breit berühmt gewordenen Radfahrerfeste. Hindenburg, der Begründer und Leiter dieses Vereins, war unerschöpflich in neuen Ideeen, welche bei diesen Festen zur glänzenden Ausführung gelangten.

Der Andrang zu den in jedem Winter stattfindenden Festabenden, bei welchen die Vorführung der sportlichen Kunst in theatralische Festspiele eingekleidet und mit glänzender Ausstattung verbunden wurden, war ein so gewaltiger, dass trotz des nahezu 2000 Gäste fassenden Saalraums im Odeum, trotz des hohen Eintrittspreises von 3 resp. 4 Mark und trotz der Beschränkung, dass nur Zuschauergäste Zutritt hatten, für deren Zulässigkeit ein Mitglied die Verantwortung übernahm, die Festräume für die schaulustige Menge kaum ausreichten. Zwanzig Jahre hindurch übten diese Feste ihre ungeschwächte Anziehungskraft auf zum Theil aus weiter Ferne erscheinende Gäste, aus; dabei blieb stets der Standpunkt des reinsten Amateurismus gewahrt, da alle pekuniären Ueberschüsse wohlthätigen oder patriotischen Zwecken dienten;

Empfohlene Zitierweise:
: Jahrbuch der deutschen Radfahrer-Vereine mit Beiträgen hervorragender Fachschriftsteller und unter Mitwirkung der Vereine selbst. Verlag von Hugo & Herman Zeidler, Berlin 1897, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrbuch_der_deutschen_Radfahrer-Vereine_1897.pdf/24&oldid=- (Version vom 17.8.2017)