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Jahrbuch der deutschen Radfahrer-Vereine mit Beiträgen hervorragender Fachschriftsteller und unter Mitwirkung der Vereine selbst

und allerneuesten Ranges ist, so leuchtet ohne weiteres ein, dass das Radfahren überhaupt keine naturgemäss, sondern eine hervorragend kunstgemässe Bewegung schafft; da ist nichts Natürliches, sondern nur im besten Falle etwas Künstliches, nichts mit dem Menschen zugleich Entstandenes noch aus seinem Wesen Hervorgegangenes, sondern nur etwas Neuerfundenes, ein Geschenk nicht der Natur, vielmehr der überfeinerten Kultur.

Gewiss, die so reden, sind im Rechte. Und doch ändert dies nichts an der Thatsache, dass das Fahrrad, obgleich eine Errungenschaft der modernen Kultur, durch seine allgemeine Verwerthung die leider schon in viel zu hohem Masse naturentfremdete Menschheit zur Natur und zu einem naturgemässen Leben zurückzuführen vermag. So würde sich auch hier bewahrheiten, dass die Entwicklung des Menschengeschlechts sich nicht in einer einfachen aufwärts führenden Geraden vollzieht, sondern in einer allmählich steigenden Spirallinie, die immer wieder zu ihrem Ausgangspunkte zurückkehrt und sich doch bei jeder Wiederkehr eine weitere Stufe über ihn erhebt. Von der Natur weg zur Kultur, dann durch die Kultur zur Natur zurück, so jedoch, dass die Menschheit bei ihrer Rückkehr zur Natur einen höheren Standpunkt einnimmt, als bei ihrem ersten Naturzustände: das ist etwa der Weg, den die Menschheit immer wieder zurücklegt, und auf dessen zweiter Hälfte sich uns das Fahrrad als das zeitgemässeste und bequemste Beförderungsmittel darbietet.

Zurück zur Natur! Zurück zu einer naturgemässen Lebensweise! Diesen Ruf hört man jetzt überall erschallen und vielleicht lauter als je zuvor; vielleicht ist diese Mahnung auch berechtigter und nöthiger als je. Nun gut, wir sind’s zufrieden. Uns trägt das Rad ja aus Stube und Werkstatt, aus Lehrsaal und Fabrik, aus rauchgeschwängerten Gaststuben und aus dem Dunstkreis der Städte hinein in die Natur, so recht mitten hinein in die reine, die freie, die ewige Natur, durch ihre Wiesen und Felder und Wälder, an klare Seen und reissende Ströme, an hochragende Berge und ans unendliche Meer.


Rost entfernt „Blitzblank“ - Rost verhütet „Solin“.


Empfohlene Zitierweise:
: Jahrbuch der deutschen Radfahrer-Vereine mit Beiträgen hervorragender Fachschriftsteller und unter Mitwirkung der Vereine selbst. Verlag von Hugo & Herman Zeidler, Berlin 1897, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrbuch_der_deutschen_Radfahrer-Vereine_1897.pdf/52&oldid=- (Version vom 20.4.2018)