Seite:Johannes Deinzer - Wilhelm Löhes Leben und Wirken.pdf/10

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Fragen, die in den s. g. akademischen Stunden besprochen, die Referate, die da von einzelnen Schwestern geliefert wurden, beweisen, welche Gaben damals in der Schwesternschaft vereinigt waren, und was Löhe zu deren Entfaltung that, und daß er wenigstens von der Anfangszeit mit Recht sagen konnte: „Die theoretische Ausbildung der Diakonissen sei der leuchtende Punkt in der Thätigkeit des ganzen Hauses.“ – Mit der fortschreitenden inneren Entwicklung des Werks gieng auch das äußere Wachstum Hand in Hand. Ich muß mich freilich mit Rücksicht auf die mir zugemessene Zeit begnügen, nur die Marksteine dieser Entwicklung zu bezeichnen.

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 Ein solcher war die im Jahre 1858 erfolgte Erbauung des Betsaals, einer Kapelle für die Diakonissenanstalt, womit die später doch notwendig gewordene Sonderung der Anstalts- von der Dorfgemeinde vorbereitet und eine selbständige kirchliche Führung der ersteren ermöglicht wurde. Jetzt hat freilich der Betsaal aufgehört dem gottesdienstlichen Zweck zu dienen und steht neben der neuen stattlichen Laurentiuskirche, wie die außer gottesdienstlichen Gebrauch gesetzte Stiftshütte neben dem salomonischen Tempel stand. Im Jahre 1862 entstand das Rettungshaus, welches vor einigen Tagen bereits das 25jährige Jubiläum seines Bestehens feiern konnte, und im Jahre 1864 das neue große Blödenhaus, über dessen Eingangspforte den Eintretenden das schöne Liedeswort grüßt: „Den Blöden ist Er hold.“ Die Blödenpflege selbst war das erste Liebeswerk der Diakonissen von Neuendettelsau gewesen und ist jetzt noch, auf die Ausdehnung des Werks gesehen, einer der bedeutendsten Zweige ihrer Thätigkeit. Schon im nächsten Jahr, 1865, wurde im Schloß Polsingen am Hahnenkamm eine Zweiganstalt errichtet und die männlichen Blöden von Neuendettelsau dorthin versetzt. Im gleichen Jahr 1865 wurde in dem neuerbauten Magdalenium reuigen Gefallenen des weiblichen Geschlechts eine Zufluchtsstätte eröffnet; 1867 entstand ein Hospital für Männer, 1869 ein gleiches für Frauen. Während alle andern Anstalten die ausgewachsenen Jugendkleider längst abgelegt und ihre Zeltseile weiter gespannt haben, sind diese beiden Spitäler stabil geblieben. Die abgeschiedene ländliche Lage, für die übrigen Anstalten von unschätzbarem Wert, erwies sich für die beiden Krankenhäuser als Nachteil, zumal Löhes Wunsch und Hoffnung, sie zu Distriktsspitälern erhoben zu sehen, nicht in Erfüllung ging. Doch auch so sind diese beiden Häuser mit Kranken, Elenden und Gebrechlichen aller Art angefüllt und dienen an ihrem Teil den hohen Zwecken der Barmherzigkeit. Nimmt man zu alle dem noch die verschiedenen in Neuendettelsau blühenden Schulen, die rote, die grüne, die Industrieschule, die