Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 017.png

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als er, von alter Gewohnheit verleitet, wohl zehnmal des Tages sein Fenster öffnete, um in unsern Beischlag hinabzusehen, und keine der ihm ehemals so befreundeten lieben Gestalten sich mehr zeigte, da war ihm als sei auch das letzte Band zerrissen, das in seiner jetzigen Stellung ihn festhielt. Ich, das Kind seines Herzens, sein frühester Liebling, den er mit so großer Liebe und Treue erzogen und geleitet hatte, war ihm zwar geblieben; aber durch andere Pflichten, andere Verhältnisse in Anspruch genommen, war es mir nicht möglich ihm zu ersetzen, was er durch die Trennung von der nahen lieben Nachbarschaft derer verlor, die er im Lauf von fast dreißig Jahren sich gewöhnt hatte, als ganz zu ihm gehörend zu betrachten.

Seine Gesundheit wankte, nur ein rascher Entschluß konnte vor allmäligem Versinken in Schwäche und Trübsinn ihn bewahren, und er war noch kräftig genug, um ihn zu fassen und auszuführen. Er legte seine Stelle nieder, schiffte sich ein, und eilte seiner ursprünglichen, ihm beinah fremd gewordenen Heimath, seinen schottischen Bergen wieder zu. Mit welchem Gefühl, mit welchem heißen Trennungsschmerz, hat er selbst nie auszusprechen unternommen, und so will denn auch ich seinem Beispiel folgen.

Empfohlene Zitierweise:
Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_017.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)