Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 075.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Vergleiche anzustellen ist verboten, und doch ist es unendlich schwer, sie ganz zu unterlassen; unwillkürlich legt man den mitgebrachten Maßstab an, und ist es unsre Schuld, wenn wir ihn dann von allen Seiten zu groß finden.

Das große viel gepriesene Wien kam mir wirklich klein vor, und die eigentliche Stadt ist es auch in der That. Wir mochten fahren wie wir wollten, ehe wir es vermutheten waren wir zum Thore hinaus; auch kann, selbst nach dem Ausspruche der Wiener, ein mäßiger Fußgänger die ganze eigentliche Stadt in Zeit von einer Stunde umgehen. Die Straßen sind meistens nicht breit, aber ganz vortrefflich gepflastert, mit Trottoirs versehen, die aber wegen der Enge des Raumes sehr oft von den Wagen überschritten werden. Die Vorstädte aber sind wirklich groß, und müssen es auch sein, wo sollten sonst die dreimalhunderttausend Einwohner, die in Wien leben, gehörigen Raum finden?

In den Vorstädten sind die Straßen sehr breit, aber leider ungepflastert, nur mit einer Chaussee versehen, bei Regenwetter, das hier weniger selten ist als irgendwo, werden sie leicht fast ungangbar, und ein Tag Sonnenschein bringt dann wieder den feinsten, Brust und Athem beklemmenden Staub hervor,

Empfohlene Zitierweise:
Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_075.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)