Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 078.png

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des kleinsten Landstädtchens es sein kann. Ich dachte dabei mit einem stillen Seufzer an die zu gleichem Zweck bestimmten, eleganten Säle in London und Paris, und an die Säulengänge vor dem Hause, unter welchen die Bedienten die Wagen ihrer Herrschaft erwarten, und an die pariser Savoyarden, und die londoner Cryers, die jeden verlangten Wagen augenblicklich herbeischaffen.

Was meine Erwartung von Wien ganz erfüllte, sind in der eigentlichen Stadt die großen schönen, wenn gleich nicht immer ganz modernen Häuser der wohlhabenden Bürger; weniger, in Hinsicht auf architektonische Größe und Schönheit, die Paläste der Großen, die freilich jetzt im Sommer unbewohnt stehen. Die nicht großen aber heitern, meistens von schönen Gebäuden umgebenen Plätze, mit ihren vielen reich verzierten Springbrunnen, erinnern lebhaft an den Süden. Groß und herrlich ist die ehrwürdige, mit gothischen Bildwerken über und über verzierte Stephanskirche mit ihrem hohen prächtigen Thurme, das Bibliothekgebäude, die vielen schönen Kirchen und andere öffentliche Gebäude, die wahrlich einer Kaiserstadt nicht unwürdig sind. Die Vorstädte sind in dieser Hinsicht mit der eigentlichen Stadt nicht zu vergleichen, sie sind viel später entstanden

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_078.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)