Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 119.png

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alle Gefahr die kleine Reise von drei Meilen zurückzulegen. Die Gegend, durch welche wir fuhren, war wunderschön: Berg und Thal, Wälder und Wiesen und Ackerland, in reizender Abwechselung; wir gingen indessen mitunter viel zu Fuß, denn der Weg war an einigen Stellen fast eben so schlecht, als in dem oben belobten Königreiche.

Der erste Anblick von Adersbach setzte mich wirklich in das höchste Erstaunen, ich wüßte ihn mit nichts zu vergleichen von Allem, was ich in der Welt gesehen. In einem von hohen Tannen bewachsenen Bergen umschlossenen Thale, und selbst die Berge hinan, sah ich einzelne Felsengebilde sich erheben; in den allerseltsamsten Formen, wie nur die aufgeregteste Phantasie es erfinden kann, starren tausend und aber tausend dieser Felsenzacken himmelan. Von fern glaubte ich das Eismeer von Chamouny versteinert zu erblicken; aber als ich der wunderbaren Erscheinung näher kam, sah ich wohl ein, daß diese Felsenmassen jene Eispyramiden an Höhe bei weitem überragen. Auch haben sie nicht die spitz zulaufende, zackig-scharf bezeichnete Form derselben, ihre Konture sind runder, unbestimmter, auch sind sie, im Gegensatz mit jenen Pyramiden, meistens unten weit schwächer, als oben.

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_119.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)