Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 191.png

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Dieser Theil von Sikards Unterricht schien mir bei weitem der interessanteste. Er erklärte uns noch unter Anderm, wie er es anfängt, die Kinder das Alphabet zu lehren; dann führte er ein außerordentlich hübsches, recht freundlich lächelndes Mädchen von etwa zwölf Jahren vor, die er gelehrt hatte, die Buchstaben auszusprechen. Er faßte beide Hände der Kleinen, die ihm unbefangen starr ins Gesicht sah. Nun machte er mit dem Munde die Bewegung, als ob er B sage, das Kind ahmte ihm nach und sagte deutlich B. Nun drückte er ihre Hand, und die Kleine sagte P. So ging es mit D und T und mehreren Buchstaben, die er sie aussprechen ließ. Der sonderbare Ton ihrer Stimme war eigentlich unangenehm, und glich mehr dem eines Papageien oder einer zum Sprechen abgerichteten Elster, als der eines Kindes. Das Ganze kam mir wie eine zwecklose Spielerei vor, fand aber überlauten Beifall.

Auch die Uebungen, die er mit mehreren seiner Zöglinge späterhin vornahm, schienen mir mehr auf die Unterhaltung seiner Zuschauer, als auf wirkliche Belehrung berechnet. Sie gingen offenbar nur darauf aus, sein Institut im glänzendsten Lichte zu zeigen. Aber in Paris ist dergleichen nicht zu umgehen,

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_191.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)