Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 208.png

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nun wurde es meinerseits sehr schwer sein Schweizerdeutsch zu verstehen. Er sowohl als alle Lehrer seines Instituts konnten nur in dieser, einem wirklich deutschen Ohr fast unverständlichen Sprache sich ausdrücken; die Kinder aus der französischen Schweiz, deren Viele auch zur Erlernung der deutschen Sprache ihm zugesandt wurden, lernten keine andere, und mögen, wenn sie späterhin nach Deutschland kamen, die übelen Folgen davon empfindlich genug gefühlt haben.

Mit der liebenswürdigsten Offenheit erzählte er mir, wie er sich Jahre lang mit seinem Erziehungsplan herumgetragen habe; und wie er anfangs große Opfer habe bringen müssen, um nur Eltern zu finden, die geneigt waren, ihm ihre Kinder zur Realisirung desselben anzuvertrauen. Sein Hauptgrundsatz dabei war von jeher, daß die Kinder nicht vielerlei lernen sollen, aber das Wenige recht und gründlich; bei der jetzigen Erziehungsmethode, wie sie allgemein üblich ist, behauptete er, lernen sie von Allem etwas, aber nur oberflächlich, so daß all ihr Wissen ihnen im Grunde wenig hilft, eine Behauptung, gegen die sich viel einwenden ließe, was ich aber nicht thun mochte; denn bei ihm wie bei allen interessanten Männern, die ich so glücklich war kennen

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_208.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)