Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 236.png

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der Kaiser kam erst den folgenden Morgen. Viele Einwohner flüchteten aus den Häusern in Wald und Feld und sind zum Theil noch nicht wieder da. Hunderte hatten sich ins Schloß gerettet; auch in diesem ist man in die Silber- und Wäschkammer gedrungen und hat Manches daraus geraubt. Auch des Herzogs Gewehrkammer ist geplündert worden. Die Herzogin hat unbegreiflich vielen Muth gezeigt und uns Alle gerettet. Auch hat der Kaiser fast zwei Stunden mit ihr gesprochen, was noch keiner Fürstin widerfahren sein soll. Sie allein ist geblieben, während alle die Ihrigen entflohen. Wäre sie auch fortgegangen, so stände Weimar nicht mehr. Alles, was ins Schloß geflüchtet war, nahm sie auf und theilte mit ihnen, dadurch kam es denn, daß sie und Alle einen ganzen Tag nur Kartoffeln zu essen hatten. Alle, die um sie waren, versichern mich, daß die großherzige Frau sich immer ganz gleich blieb, und in ihrem ganzen Wesen fast kein Unterschied gegen sonst zu bemerken war. Alle, die ihre Häuser verließen, haben fast Alles verloren. Einige sind so glücklich gewesen, gleich Officiere ins Quartier zu bekommen, die ihnen etwas Schutz, oft mit eigener Lebensgefahr, gewährten. Am besten kamen diejenigen weg, die, wie wir, Muth genug hatten,

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_236.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)