Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 240.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Weine habe ich schon manches traurige Herz erquickt. Den Verwundeten habe ich Erquickung ins Lazareth geschickt, die anderen Einwohner der Stadt können noch nicht daran denken, weil sie zu viel verloren haben; aber ich kann es, denn mir ist Alles geblieben. Sterbende haben mich gesegnet, das giebt mir wieder Freudigkeit, und der Segen wird auf uns ruhen. Des Abends versammeln sich meine Bekannten um mich her; ich gebe ihnen nur Thee, aber mein heiterer Sinn ist mir geblieben, und Mancher, der traurig kam, geht erheitert fort; die gute Ludekus steht mir immer bei.

Alles dies geschah, während ich schlief. Gegen 6 Uhr wurde ich geweckt, weil die Feuersgefahr sich zu nähern schien; doch diese Besorgniß legte sich bald; ich sah auf der Straße einzelne mit Beute beladene Soldaten; ich glaubte, die Unordnung wäre vorüber, man sagte, die Truppen sollten weiter marschiren: da erhob sich das wüste Geschrei von neuem. Unser ehrlicher Husar brachte eine gestern bei all dem Unglück entbundene junge Wöchnerin, ihren Mann, den Säugling und noch zwei Kinder und eine Magd, er bat um Gotteswillen, wir möchten die armen Leute aufnehmen; die Barbaren hatten sie ausgeplündert und auf die Straße geworfen.

Empfohlene Zitierweise:
Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_240.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)