Seite:Köster Alterthümer 016.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Aller treiben, theils in die Niederlande und nach Sachsenhaufen bei Frankfurt am Main verpflanzen. Der Krieg endigte durch den angeblichen Frieden von Selze (802); fast ohne irgend eine andere Bedrückung der Sachsen, als daß sie das Christenthum annehmen mußten.

Karl stiftete nämlich die Bischofssitze zu Verden und Bremen, welche aber ihren Sprengel erst allmählich erwarben, je nachdem das Volk von seinem bisherigen Götzendienste wirklich abließ. Die Haupt-Götter, auch der Sachsen, lernen wir kennen aus der Entsagungs-Formel des heil. Bonifacius: ec forsacho (ich entsage) Thonar, Wuotan ende Saxnot: anscheinend kam in unseren Gegenden noch die Morgengöttin Ostera hinzu, welche besonders bei Osterholz verehrt sein soll. Ohne näher darauf einzugehen, bemerken wir nur, daß die Religion der alten Sachsen ein Naturdienst war, welcher sich durch Einfachheit und Sittlichkeit auszeichnete, und so den Uebergang zum Christenthume erleichterte. Denn er kannte keine Tempel, und hatte sogar eine Ahnung von dem dereinstigen Untergange seiner Götter (in der s. g. Götter-Dämmerung). Auch bewahrte das deutsche Volk, neben roher Kraft und herrschender Neigung zum Trunke, allezeit den Ruhm der Treue und Gerechtigkeit: streng geregelt war sein häusliches, und frei und heiter sein öffentliches Leben, groß das Ansehn der Hausfrau in der Familie, des Mannes in der Volksversammlung. Wenn also das damalige Kirchenthum fast nur aus fremdartigen Ceremonien, der Anbetung häßlicher Reliquien und dem Hersagen lateinischer Formeln bestand, und dennoch allmählich die Deutschen bezwang, so mag man darin wohl einen Hauptbeweis der unzerstörbaren Herrlichkeit und Gotteskraft des Evangeliums erkennen. Nicht der heil. Suibert, sondern Patto war der erste Bischof von Verden, Willehad der von Bremen. Es existirt eine Stiftungs-Urkunde Karls d. Gr. für das Bisthum Bremen vom Jahre 788, deren Aechtheit zwar zweifelhaft ist, welche aber die Grenzen gegen das Bisthum Verden gewiß richtig angiebt[1]. Karl behielt übrigens die altsassische

  1. Die Linie von der Elbe bis an die Weser wird so bezeichnet: [17] Lia, Steinbach, Hasala, Wimarcha, Sneidbach, Osta, Mulinbach, Mota palus, quae dicitur, Siegfriedesmoor, Quistina, Chesenmorr, Aschbroch, Wisebroch, Biverna, Uterna, iterumque Osta, palus Caldenbach, Wempna, Bicina, Faristina, usque in Wirraham. Man sieht, es werden vorzugsweise Gewässer genannt, und Lühe und Oste sind leicht zu erkennen. Das Siegfriedsmoor ist vielleicht das Teufelsmoor; indem man aus dem altdeutschen „hörnenen Siegfried“ späterhin den Teufel machte. Der Mühlenbach, Otter und Bever führen auf das Kirchspiel Bevern. Von da aber muß die Grenze sich nach Sottrum an der Wümme (Wempna) erstreckt haben; denn dieses Kirchspiel hat von jeher theils zu dem Verdenschen Amte Rotenburg gehört, theils zu dem Bremischen Ottersberg. Auffallend ist, daß die Weser hier nach ihrem Ursprunge Werra genannt wird. An der Enträthselung der übrigen Namen mögen sich Ortskundige versuchen. Der heutige Goldbeck und die Wieste scheinen darunter zu sein.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 016. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_016.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)