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schon vorhandenen Bedingungen, um Sunderbunds und Dschungeln uns in nächster Nähe zu zeigen. Wer hier nicht aufgewachsen, sieht mit Staunen diese üppige Kraut-Vegetation, auch wenn er die Schönheit der Waldeswiesen kennt, die man hier freilich vergeblich sucht. „Reeth“felder aber wogen im Winde, ein Reiter hoch zu Rosse wäre wohl darin verborgen; sie liefern das schwerbezahlte beste Dachstroh; Weiden-„Kneien“, Anpflanzungen zur Erzeugung des diesen Landen so wichtigen „Busches“ zur Uferbefestigung schießen mit staunenerregender Kraft in die Höhe, dazwischen die Riesendolde unserer Flußmündungen, die Archangelica littoralis, mit ihrem braunen, oft armdicken Stengel, ihren leicht 2 Quadratfuß deckenden gefiederten Blättern. Selbst das „Watt“, welches täglich bei Fluth der Fluß überströmt, um es mit der Ebbe zu verlassen, selbst dieses ist oft hoch mit Binsengräsern, dem „Kaddich“, bewachsen. Eine andere Pflanzenwelt bieten die zahllosen Gräben; ihre Königin, „die weiße Teichrose“, erscheint aber etwas landeinwärts, in den tiefen Gewässern mit moorigem Grunde.

Der Boden, welcher alles dieses erzeugt, ist ein Product des Flusses, alles ist angeschwemmt in einer senkrechten Höhe von 1½ bis 7 Fuß. Von oben her trägt das Wasser die „Klei-“Erde diesen Fluren zu, so fett und fruchtbar, daß wohin die überschwemmenden Fluthen noch steigen, der Boden keines Düngers bedarf; Schiffe holen diesen als Handelsartikel für die Geest von den Sänden und dem Außendeich. Bindend ist diese Erde, kalkhaltiger Thon, aus dem ohne Weiteres Ziegel gebrannt werden können. Ueberall, wenigstens an der Elbe, sieht man im Sommer die rauchenden Oefen, und die flachen Felder beweisen jedesmal, daß hier das Land „abgeziegelt“ sei; ganze Schaaren wandern im Frühlinge zur Brennarbeit ein, alle aus Lippe, und „Lipper“ und Ziegelbrenner ist in diesen Gegenden gleichbedeutend. Sobald es regnet, macht eine solche Erde aber alle Wege grundlos, bei dem Mangel der Chausseen kommt der leichteste Korbwagen dann nur mit 4 Pferden fort; oft ist Reiten, bei Schneefall nach leichtem Frost nur Fußgehn, das einzige Verbindungs-Mittel.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 033. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_033.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)