Seite:Köster Alterthümer 036.png

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zusammen zu gemeinsamer Wehr, alles beruhte auf der Freiheit des Wollens, geregelt durch das zwingende Band des gemeinsamen Nutzens. Allmählig erst hat sich der Deichbau vervollkommnet, haben sich diese zusammenhängenden Wasserbollwerke erhoben, in denen riesengroße Kapitale stecken, alle aber durch gemeinsame Arbeit ohne Wirken des Staats entstanden. Erst die schwedische Regierung am Ende des 17. Jahrhunderts hat durch die bremische Deichordnung Einheit in die Sache gebracht; „Kein Deich ohne Land, kein Land ohne Deich“ ist der Grundsatz, auf dem das ganze Deichrecht beruht; daher auch „wer nich kann diken, de mot wiken“. Die Deichlast trug der Marschbauer allein, daher aber stammt auch seine Selbstverwaltung in dieser Angelegenheit. Man darf vielleicht sagen, daß auf dem Deich- und Sielwesen größtentheils die lange Erhaltung der Freiheit in der Marsch beruht; so gut wie ihre ganze Existenz dadurch bedingt ist. Ohne genaue Ordnung der Entwässerung würde ein großer Theil des Landes, besonders nach dem Moore zu (in Hadeln das „Sietland“ oder Niederland im Gegensatz zum „Hochlande“, der hohen Marsch am Flusse) bald versumpfen; wie viele Strecken erst durch sie zur Fruchtbarkeit gebracht sind. Viele Namen beweisen schon diese niedrige Lage („Sietland, Vieland, Balje“), welche eine dem Oberländer unerklärliche Anzahl von Gräben nothwendig gemacht hat. Ein Marschmorgen (um kurz diesen Namen für die verschiedenen Maaße zu gebrauchen), an Größe zuweilen an 4 Calenberger Morgen reichend, oder auch mehr zusammen, bilden schmale, lang hingestreckte Vierecke, rings von Gräben, oft beträchtlicher Breite und Tiefe besonders nach dem „Auskleien“, umgeben. Diese führen die Wasser zur Wetter und diese, einem kleinen Bergflusse gleich an Größe, leitet sie durch die Siele zum Strome; im hohen Sommer, wenn die faulenden Wasser für Menschen und Vieh ungenießbar (denn Fluß-, Graben- und Regenwasser ist hier das einzige), wenn der trocknende Schlamm am Boden böse Dünste erzeugt und die gefürchteten Marschfieber ankündet, dann führt das Siel auch rückwärts frisches Flußwasser in Wetter und Gräben. So ist das Land

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 036. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_036.png&oldid=- (Version vom 29.4.2018)