Seite:Köster Alterthümer 084.png

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Ihre beiden genannten Anführer waren waghalsige Abenteurer, deren damals keineswegs als unehrlich geachtetes Handwerk sie doch zuletzt in die Hände der erbitterten Hamburger brachte, so daß sie als Verbrecher sterben mußten. Aber im Volke lebten sie fort und fort als Seehelden; daher mehrere Gegenden sich um die Ehre streiten, ihr Geburtsort zu sein. Nach Kobbe Gesch. Theil 1. Seite 206 war Störtebecker aus dem Bisthum Verden: sein Schloß stand bei Verden in der Nähe der Halsmühle (Pfannkuche Geschichte des Bisthums Verden. I. S. 214), und seines Schwagers Hofstelle in Dauelsen wird noch gezeigt. Ja, er und Gödeke sollen, wenig glaublich, in den Dom zu Verden jeder 7 Fenster geschenkt haben (eins mit Störtebecker’s Wappen: zwei umgestürzte Becher), zur Büßung von sieben Todsünden; auch eine jährliche Spende von Rocken und Heringen an die Geistlichkeit und die Armen daselbst wird von Störtebecker hergeleitet. Aber die Fischer auf Rügen erzählen: Gödeke Michael sei ein Knecht des Gutes Ruschwitz auf Jasmund, Störtebecker aber aus der Gegend von Barth in Pommern gewesen: in einer Kluft zu Stubbenkammer hätten sie ihr Raubgut verwahrt. In Mecklenburg wird ein alter Burgwall des Gutes Schulenburg bei Sülz an der Reknitz als eine Burg von Störtebeck und Jörte Micheel bezeichnet. Desgleichen sollen sie zu Neustadt in Holstein eine Schanze gehabt haben, und noch 1771 existirte dort der Familienname Störtebecker. Weiter weiß man Vieles von ihnen zu erzählen in Ostfriesland. Nach ihrer Vertreibung aus der Ostsee fanden sie daselbst, wie in Oldenburg und im Groninger Lande, Zuflucht, und standen mit den Einwohnern in lebhaftem Verkehr wegen ihres Raubgutes. Am meisten hielten sie sich auf zu Marienhafe, wo sie an der berühmten Kirche den hohen Thurm zu bauen anfingen, aber nicht vollendeten. Ein ehemals dahin führender Kanal heißt noch jetzt das Störtebeckerstief, und die Sage berichtet: an großen in der Kirchhofsmauer angebrachten eisernen Ringen habe Störtebecker seine Schiffe befestigt. Dieselbe Sage wird von der Kirche zu Holtgaste im Amte Jemgum erzählt, welche jetzt fast eine halbe Stunde von

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 084. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_084.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)