Seite:Köster Alterthümer 091.png

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Ernennungsrecht in jedem Falle durchzuführen und hätten sie Umsicht, Gerechtigkeit und Selbstverleugnung genug besessen, um es zum Besten der Kirche auszuüben, so würde es eine segensreiche Errungenschaft gewesen sein. Aber kaum hatte das Pabstthum gesiegt, so sprang eine andere unerwartete Macht in’s Leben und forderte Theilung der Beute.

Das waren die Domkapitel. Ursprünglich einfache, wenig beachtete Mönche an der bischöflichen Kirche, hatten sie sich durch nichts ausgezeichnet, als durch den geringen Schimmer, welchen der Bischof auf sie als seine unmittelbare Umgebung warf. Sie besaßen auch vielleicht etwas mehr wissenschaftliche Bildung, als andere Mönche, und zeigten den lebhaftesten Eifer, den Pabst in seinen Ansprüchen zu unterstützen. Als aber mit ihrer Hülfe die Ernennung der Bischöfe den Kaisern entrissen wurde, waren sie es, welche sich unverzüglich gerade den Gegenstand anmaßten, um welchen so heftig gekämpft wurde. Der Streit war noch nicht einmal entschieden, als sie bei vorkommender Gelegenheit das Recht der Bischofswahl auszuüben wagten. So in Verden 1097.

Als Ruhe nach dem Kampfe eintrat, war die Bischofswahl von Seiten der Kapitel eine vollendete Thatsache und nicht ohne große Bedenken zu ändern. Es wurde freilich eine Bestätigung sowohl dem Kaiser, als dem Pabste zugestanden, aber das waren leere Formen ohne das Wesen wahrer Macht. Oft genug, namentlich bei streitigen Wahlen, suchten die Päbste einzugreifen und es gelang ihnen auch meistens, aber es waren vereinzelte Siege ohne nachhaltige Folgen. Die geistliche Disciplin wurde hiedurch gründlich untergraben und die weltliche Stellung der Kirche gegen die anwohnenden Fürsten geschwächt, denn dem Kaiser, der sie sonst mit starkem Arm geschützt, hatte sie sich entzogen und der Pabst wohnte fern und ist immer ohnmächtig gewesen, wenn er es mit entschlossenen Leuten zu thun hatte.

Während zur Zeit des kaiserlichen Regiments nur sehr angesehene oder fromme und gelehrte Männer Bischöfe wurden, konnte nun jeder einzelne Domherr – so nannte

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 091. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_091.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)