Seite:Köster Alterthümer 102.png

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Seine stete Verlegenheit brachte ihn zu den empörendsten Ungerechtigkeiten. Während der Kriegszüge, von denen seine Länder heimgesucht waren, hatte er Volrad Mansfeld, den Sohn des bekannten Grafen Albrecht Mansfeld, auf eine höchst leichtsinnige Art zur Rache gereizt, indem er nach geschlossenem Frieden aus offenbarem Frevelmuth einen Theil seines Gepäcks rauben ließ. Mansfeld war nicht der Mann, diese Beleidigung zu vergessen. Nach einiger Zeit kam er mit gewaffneten Banden in’s Land, um Vergeltung zu üben. Die Landstände unterhandelten mit ihm, um das Unglück abzuwenden, und erkauften seinen Abzug durch das Versprechen von 2400 Thalern. Diese Summe wurde zusammengebracht, 1000 Thaler gaben die Stände her, 1400 die Bauern (Elardi v. d. Hude Chr. p. 93). Der Erzbischof nahm aber von dem letztern Beitrage mit Gewalt 1000 Thaler vorweg; mit großer Mühe liehen die Stände die fehlende Summe zusammen, um die Zahlungsfrist einhalten zu können und die armen Bauern mußten nachher zum zweiten Male zahlen. Das kümmerte den Erzbischof wenig, denn menschliches Mitleid wohnte nicht in seiner Seele. Und hätte es auch darin gewohnt, seine Noth war zu groß. Alles Silberwerk, was die Kirchen im Bisthum Verden hatten, raubte er ihnen, obgleich er es im Erzstift Bremen nicht wagte. Kein Mittel blieb von ihm unversucht, um sich seinen Verlegenheiten, wenn auch nur auf Augenblicke, zu entreißen. Anleihen, Verpfändung und Erpressung, Alles war ihm recht.

Wir fragen, was war der Grund seiner steten Armuth? Einen Theil der Schuld trugen äußere Umstände. Das Bisthum Verden bezog einen Theil seiner Einkünfte aus dem Lüneburgischen Lande. Herzog Ernst aber, der Bekenner, war ein so eifriger Protestant, daß er diese Einkünfte mit Gewalt zurückhielt und sie nur denen von den Verdener Präbendaren verabfolgen ließ, welche zur neuen Lehre übergingen. Viele Stiftsherren, namentlich von Bardowik, wurden dadurch zum Uebertritt veranlaßt. Der Bischof verlor aber seine Lüneburgischen Einkünfte gänzlich. Das hatte er persönlich nicht verschuldet. Ebenso mußte

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_102.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)