Seite:Köster Alterthümer 114.png

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Der Bischof und die Domherren ließen Bruder Johann vor sich kommen. Sein Muth war wiederum verflogen, er war in der Furcht. Nichts wollte er offen eingestehen, weder wer er wäre, noch woher er käme. Er stand vor seinen Richtern nicht als ein Zeuge seines Glaubens, sondern als ein verzagter, verstockter Sünder.

Die geistlichen Herren hatten Mittel, ihn zum Geständniß zu bringen. Ihr Scharfrichter Klövekorn war zufällig in Stade. Eilends ließen sie ihn holen. Es ging zur Marterkammer. Mit furchtbarer Folter ward Bruder Johann angegriffen. Die öffentliche Sittlichkeit gestattet nicht, die Art und Weise zu beschreiben, womit man ihn marterte. Er gestand alles, was er sollte, aber kurz, ungenügend, nicht ohne Widerspruch. Es war aber genug, um ihn verurtheilen zu können. Während er auf der Folterbank lag und der Henker mit heißen Eisen ihn handhabte, standen die Diener des Erzbischofs um ihn und hinter den Dienern stand der Erzbischof selber. Halbtodt ward Bruder Johann in’s Gefängniß zurückgeführt.

Eine Aussage „in der Pein“, wie man es nannte, war an sich nach damaligen Gesetzen nicht gültig; sie mußte durch ein nachheriges freiwilliges Geständniß bestätigt werden. Bruder Johann erschien wieder vor seinen Richtern, aber diesmal als ein anderer Mensch. Kein Schatten von Menschenfurcht oder Bangigkeit; offen, mit fester Stimme, unumwunden antwortete er auf die Fragen und legte ein vollständiges, freudiges Zeugniß seines Glaubens ab. Es war, als ob die Marterbank seine Seele nicht niedergedrückt, sondern befreit und gekräftigt hätte. Nachdem er das Bitterste empfunden, hatten alle körperlichen Qualen ihre Schrecken für ihn verloren. Der hohe unbeugsame Muth des Lutherthums sprach aus seinem Munde; als er von seinem Glauben Zeugniß abgelegt, schwieg er. In dem Augenblicke war er ein theures Mitglied der neuen Kirche.

Seine Aussage in diesem letzten Verhör ist noch als Protokoll vorhanden. Es ist zu lang, um es hier wörtlich wieder zu geben. Obgleich es von seinen Feinden aufgesetzt und ersichtlich entstellt ist, kann man die reine lutherische Lehre daraus erkennen, wenn auch noch nicht völlig

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_114.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)