Seite:Köster Alterthümer 190.png

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Verheißungen, welche wir Ihm verdanken (2 Petr. 1. 4). Ja, wenn wir’s recht bedenken, so stellt sich uns hier jener Baum des Lebens im Paradiese dar, wie er, durch die Sünde verloren, durch den Sohn Gottes der Menschheit wieder erworben ist (Offenb. 22, 14).

Die Bescherung zu Weihnacht, als dem Feste der Kindschaft, wird besonders unseren unmündigen Kindern bereitet. In der Ueberraschung, welche sie beim Anblicken des hell erleuchteten, reich geschmückten Baumes empfinden, sollen sie ahnen, was sie späterhin erkennen werden, die große Freude, welche durch des Heilands Geburt allem Volke widerfahren ist (Luk. 2, 10); der Dank gegen die irdischen Eltern soll sie anleiten, dankzusagen dem Vater im Himmel, von welchem alle gute und vollkommene Gabe herabkommt (Jak. 1, 17); sie sollen begierig werden, dereinst mehr zu erfahren von dem Kinde, das uns geboren ist (Jes. 9, 6), damit wir Gottes Kinder werden könnten (Joh. 1, 12). Doch mögen die bald verglimmenden Wachslichter-Endchen ihnen zugleich sagen, daß alle Lust der Welt schnell vergeht, so wie die vergoldeten Aepfel und Nüsse, daß nicht Alles Gold ist, was glänzt, und der Kern besser als die Schale. Wir Erwachsenen aber bewegen dabei im Herzen jenes Wort des Herrn: „wenn ihr nicht umkehret, und werdet wie die Kindlein, so könnt ihr nicht in das Reich Gottes kommen“ (Matth. 18, 3); und wir gedenken zugleich jener unschuldigen Kindlein von Bethlehem, welche, gleichsam als die ersten Märtyrer, um Christi willen von Herodes getödtet wurden (Matth. 2, 16). Ernsten Eltern wird damit die heilige Verpflichtung auferlegt, in den empfänglichen Boden des kindlichen Gemüths das Gute zu pflanzen und nicht das Böse.


Ueber den Ursprung und die Verbreitung dieses sinnig freundlichen Gebrauchs läßt sich nur wenig Zuverlässiges sagen. Lichter anzuzünden war von jeher bei religiösen Freudenfeiern gebräuchlich, z. B. bei dem jüdischen Feste der Tempelweihe und dem christlichen Osterfeste; und besonders nahe lag es zur Weihnachtszeit, weil diese

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_190.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)