Seite:Köster Alterthümer 236.png

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wandte sich der Geistliche schleunig von dannen. Seine Verkündigung traf ein. Bereits folgenden Morgens früh wurden die Bewohner durch ungewöhnliches Rauschen aus dem Schlafe erweckt, aus ihren Aschen- und Feuerkuhlen krochen ihnen Aale entgegen, bald darauf entquoll aller Orten um sie herum Morast und Wasser, bis nach kurzem Verlauf ein See das ganze Dorf in sich verschlungen hatte.

4.

Im Grunde des Sees ruht ein riesenhafter weißer Stier, in der Umgegend der „Seebulle“ genannt. Den größten Theil des Jahres, so lange das Wasser offen, verhält er sich still; man merkt nur an den aufsteigenden Blasen und Wasserperlen, wo er liegt und Athem holt, oder am aufquillenden Grundwasser, wenn er sich rührt. Dagegen in der Winterzeit, sobald sich das Wasser mit Eis bedeckt, wird er unruhig, ihm entgeht die Luft, er steigt nach oben, sprengt durch sein heftiges, weithin vernehmbares, donnerähnliches Gebrüll die Eisdecke, daß lange Borsten sich darin bilden. Je stärker der Frost, desto heftiger wird sein Brüllen und Toben unter dem Eise, worin er nächtlicher Weile auch mit den Hörnern Löcher stößt, oder es mit seinem Athem aufthaut, so daß der Eisverkehr auf dem See stets ein gefährlicher ist.

5.

In unmittelbarer Nähe des Balksees befindet sich eine erhöhete Worth mit Spuren verwitterten Bauwerks, die Remper-Worth genannt; hier hausete in alter Zeit zum Schrecken der Umgegend ein Räuber, Namens Remper; derselbe pflegte unter anderen Raubanschlägen von den benachbarten reichen Marschbauern Weizen zu kaufen, sie bei dessen bedungener Lieferung unterwegs zu überfallen, zu berauben oder zu erschlagen, ohne daß es jemals möglich, ihn bei angestellten Verfolgungen in seinem Schlupfwinkel am See aufzufinden. Denn da er bei den Raubzügen, wie sich später ergab, eines Pferdes mit umgekehrten Hufeisen sich meistens bediente, gelang es ihm hierdurch, die Verfolger über seinen Aufenthalt stets zu täuschen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_236.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)