Seite:Kaethe (Kleist) 027.jpg

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GRAF OTTO.

Du, Närrin, jüngst der Nabelschnur entlaufen,
Woher kommt die prophet’sche Kunde dir?
Welch ein Apostel hat dir das vertraut?

THEOBALD. Seht die Unseelige!

KÄTHCHEN (da sie den Vater erblickt, auf ihn zugehend). Mein theurer Vater! (sie will seine Hand ergreifen.)

THEOBALD (streng). Dort ist der Ort jetzt, wo du hingehörst!

KÄTHCHEN. Weis’ mich nicht von dir. (sie faßt seine Hand und küßt sie.)

THEOBALD.

– Kennst du das Haar noch wieder,
Das deine Flucht mir jüngsthin grau gefärbt?

KÄTHCHEN.

Kein Tag verging, daß ich nicht einmal dachte,
Wie seine Locken fallen. Sei geduldig,
Und gieb dich nicht unmäß’gem Grame Preis:
Wenn Freude Locken wieder dunkeln kann,
So sollst du wieder wie ein Jüngling blühn.

GRAF OTTO. Ihr Häscher dort! ergreift sie! bringt sie her!

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich von Kleist: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe, ein großes historisches Ritterschauspiel. Berlin: Realschulbuchhandlung, 1810, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kaethe_(Kleist)_027.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)