Seite:Kafka Beim Bau der Chinesischen Mauer 144.jpg

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nicht ohne Selbstüberwindung; wie sehr ich Eure Person achte, geht schon aus meiner Schrift hervor, Ihr seid mir in gewisser Hinsicht ein Lehrer geworden, und sogar der Maulwurf wurde mir fast lieb. Trotzdem trete ich beiseite, Ihr seid der Entdecker und wie ich es auch anstellen wollte, ich hindere immer, daß der mögliche Ruhm Euch trifft, während ich den Mißerfolg anziehe und auf Euch weiterleite. Wenigstens ist dies Eure Meinung. Genug davon. Die einzige Buße, die ich auf mich nehmen kann, ist, daß ich Euch um Verzeihung bitte und wenn Ihr es verlangt, das Geständnis, das ich Euch hier gemacht habe, auch öffentlich z. B. in dieser Zeitschrift wiederhole.“

Das waren damals meine Worte, sie waren nicht ganz aufrichtig, aber das Aufrichtige war ihnen leicht zu entnehmen. Meine Erklärung wirkte auf ihn so, wie ich es ungefähr erwartet hatte. Die meisten alten Leute haben Jüngeren gegenüber etwas Täuschendes, etwas Lügnerisches in ihrem Wesen, man lebt ruhig neben ihnen fort, glaubt das Verhältnis gesichert, kennt die vorherrschenden Meinungen, bekommt fortwährend Bestätigungen des Friedens, hält alles für selbstverständlich und plötzlich, doch wenn sich etwas Entscheidendes ereignet und die solange vorbereitete Ruhe wirken sollte, erheben sich diese alten Leute wie Fremde, haben tiefere, stärkere Meinungen, entfalten förmlich jetzt erst ihre Fahne und man liest darauf mit Schrecken den neuen Spruch. Dieser Schrecken stammt vor allem daher, weil das,

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Franz Kafka: Beim Bau der Chinesischen Mauer (Sammelband). Gustav Kiepenheuer, Berlin 1931, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kafka_Beim_Bau_der_Chinesischen_Mauer_144.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)