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Kalender 1914 für den Kreis Niederbarnim



Als der Heiden Götzenbilder ragten.
Ein Jahrtausend Wandlitzer Geschichte.
Nach Dr. Heinrich Berghaus.
Erzähle mir die Vergangenheit und ich werde die Zukunft erkennen. Konfuzius.

Wenn heute der Berliner Ausflügler in einem besonders schönen Orte, an harzig duftendem Waldessaum oder an silbern blinkendem See sich mit dem frohen Ausruf niederläßt: „Hier ists gut fein, hier laßt uns Hütten bauen!“, um neben der Natur seine „Frühstücksstulle“ zu genießen, dann denkt er wohl selten an die grauen Zeiten, die der Ort gesehen, dessen freundlich blickende Häuschen ihm ein trautes Willkommen zuzublinken scheinen und dessen See mit seinen plätschernden Wellen das Landschaftsbild so anmutig belebt. Ein solch prächtiges Fleckchen Erde ist der Seeort Wandlitz, an der Reinickendorf-Liebenwalde-Groß-Schönebecker Eisenbahn gelegen, und wenn im menschlichen Leben eine „bewegte Vergangenheit“ gerade keine Empfehlung bedeutet, so ist ein Ort, wie unser Erholungsbad Wandlitz, von dem wir einige neu auf genommene Bilder bringen, mit Recht stolz auf seine, ein Jahrtausend zurückreichende Geschichte. Bis ins Ende des 12. Jahrhunderts geht die Geschichte von Wandlitz zurück und hier nun vermischen sich wie immer Tatsache und Sage, so daß man „Wahrheit und Dichtung“ nicht mehr auseinanderhalten kann.

In der Feldmark von Wandlitz findet man noch heute Ueberreste von Wällen und aus dem „Mutterschoß der heiligen Erde“ hat man Urnen mit den verschiedensten Gegenständen darin gefunden, die bei den slawischen Völkern in Gebrauch waren, und es geht über die Entstehung des Namens auch eine Sage, nach der Wandlitz die Bezeichnung von der altslawischen Göttin Wanda hat, die in dieser Gegend hauptsächlich verehrt werden sei.

Auf der Feldmark jenseits des Wandlitzer Sees, nördlich vom Dorfe, lag bis vor etwa 70 Jahren einer der größten alten Opfersteine, dessen Gestalt selbst den Unkundigen seinen früheren Gebrauch erraten ließ. Welche Beziehung allerdings die heiligen drei Pfühle (vergl. „Sagen aus dem Kreise Niederbarnim“) für den heidnischen Kultur gehabt haben, ist nicht nachzuweisen, auch nicht, ob die Bezeichnung „heilig“ sich auf die Heidenzeit beziehe oder aus christlicher Zeit stamme. Die Tatsache, daß gerade dort in der ältesten Zeit ein Kloster gegründet wurde, spricht jedoch dafür, daß unweit davon ein Hauptsitz heidnischen Gottesdienstes war, ja es ist wahrscheinlich, daß das


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: Kalender 1914 für den Kreis Niederbarnim. Wilhelm Möller, Oranienburg 1914, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalender_1914_f%C3%BCr_den_Kreis_Niederbarnim.pdf/59&oldid=- (Version vom 26.9.2018)