Leuchtete der Mond von hieraus?“
Sprach der Knabe von dem Boden,
Lärmte so der junge Sprößling:
„Daher wußte es dein Liebling,
Nach dem Haus der Ruhmerfüllten,
Nach dem Hof der schönen Jungfrau:
Guten Ruf genoß der Vater,
Der das große Schiff entsandte,
Bessern Ruf noch hatt’ die Mutter,
Die das dicke Brot gebacken,
Weizenbrot zurechtgeknetet,
Um die Gäste gut zu speisen.“
„Also wußte es dein Liebling,
Daß die Jungfrau aufgewachsen,
Daß das Mädchen sich erhoben,
Kam einst auf den Hof gegangen,
Zu der Kammer hingeschritten,
In des Morgens erster Frühe,
Zu der Zeit der ersten Dämmrung,
Wirbelnd stieg der Ruß in Streifen,
Dick erhob sich Rauchgewölke
Aus dem Haus der schönen Jungfrau,
Selber mahlte da die Jungfrau,
Schwang die Hölzer an dem Mühlstein,
Diese lärmen gleich dem Kuckuck,
Entengleich die Seitenlöcher,
Heimchengleich ertönt der Mehlsieb,
Perlengleich die Steine selber.“
„Ging dann noch zum zweiten Male,
Schreitet an dem Rand des Feldes,
Auf der Wiese war die Jungfrau,
Färbte roth in Eisengrapen,
Kocht’ in Kesseln gelbe Farbe.“
„Ging nun noch zum dritten Male
Zu der schönen Jungfrau Fenster,
Hörte dort die Jungfrau weben,
Hört den Weberkamm sich rühren,
Hört das Schifflein munter schlüpfen
Gleich dem Hermelin durch Steine,
Hört des Kammes Zähne lärmen
Hört den Weberbaum sich wenden
Gleich dem Eichhorn in den Zweigen.“
Sprach die Wirthin von Pohjola,
Redet selber diese Worte:
„Siehe da, geliebtes Mädchen!
Habe ich’s nicht stets gesaget:
Singe du nicht in den Fichten,
Lärme nicht in Thalesgründen,
Wölbe nicht so sehr den Nacken,
Nicht des jungen Busens Anmuth,
Nicht die Stattlichkeit des Wuchses!“
„Sprach im Lauf des ganzen Herbstes,
Trieb dich an in diesem Sommer,
Spornt’ dich an in diesem Frühjahr,
Schon zur Zeit des zweiten Säens:
Laß du ein Versteck uns bauen,
Kleine Fenster daran zimmern,
Wo die Jungfrau weben könne,
Ungehört vom Suomivolke,
Von den Freiern aus Suomi.“
Sprach der Knabe von dem Boden,
Er, der zwei der Wochen zählte:
„Ist gar leicht ein Pferd zu bergen
In dem Haus das schöngeschweifte,
Schwer ist’s eine Jungfrau bergen,
Im Versteck die langgelockte;
Thue du ein Schloß von Steinen
Halte dort dein liebes Mädchen
Und erziehe dort dein Hühnchen,
Nicht verborgen bleibt das Mädchen,
Wächst auch so nicht in die Höhe,
Daß sie ohne Freier bliebe,
Ohne Freier und Bewerber,
Männer, die mit Hüten gehen,
Stahlbeschlagen ihre Rosse.“
Selbst der alte Wäinämöinen
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_110.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)