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Traurig ist’s allein zu leben,
Schöner zwei und drei zusammen.““
     „Osmotar, die Bier bereitet,
Die das schöne Dünnbier brauet,
Nimmt nun Körner von der Gerste,

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Fasset sechs der Gerstenkörner,

Greifet sieben Hopfenspitzen,
Schöpfet Wasser acht der Löffel,
Setzt den Grapen auf das Feuer,
Läßt die Masse dorten sieden,
Braute Bier so aus der Gerste
In des Sommers heißen Tagen
An der nebelreichen Landzung’,
Auf dem waldbedeckten Eiland
Auf dem Boden neuer Fäßer,

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In dem Raum von Birkenzubern.“

     „Hatte nun das Bier gebrauet,
Bracht’ jedoch es nicht in Gährung,
Dachte nach und überlegte,
Redet Worte solcher Weise:
„Was soll ich hieher nun bringen,
Was zu dieser Masse schaffen,
Daß das Bier in Gährung komme,
Daß das Dünnbier gut gerathe?“
     „Kalewatar, eine Jungfrau,

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Wunderschön mit ihren Fingern,

Die gar rasch sich stets beweget,
Die beständig leichtbeschuhte,
Rührt sich auf des Bodens Fugen,
Schwingt sich auf des Bodens Mitte,
Schafft das eine, schafft das andre
In der beiden Kessel Mitte,
Siehet einen Splitter liegen,
Hebt den Splitter von dem Boden.“
     „Dreht’ und wendete den Splitter:

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„„Was wohl könnte daraus werden

In der schönen Jungfrau Händen,
In des guten Mädchens Fingern,
Wenn ich ihn in Kapo’s Hände,
Zu der Jungfrau Fingern bringe?““
     „Trug ihn in die Hände Kapo’s,
Zu der schönen Jungfrau Fingern,
Kapo reibet ihre Hände,
Reibet ihre beiden Hände
An den beiden Oberschenkeln,

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Es entstand ein weißes Eichhorn.“

     „Also rathet sie dem Sohne,
Giebt dem Eichhorn diese Weisung:
„„Eichhorn, du, das Gold der Höhen,
Hügelblume, Landesfreude,
Laufe hin, wohin ich schicke,
Ich dich schicke und dich sende:
Nach dem lieblichen Metsola,
Nach dem klugen Tapiola,
Steige auf die kleine Bäume,

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Klüglich auf die Hürdengipfel,

Daß dich nicht der Adler packe,
Nicht des Himmels Vogel greife,
Bringe Zapfen von der Fichte,
Von der Tanne schmale Fasern,
Bringe sie in Kapo’s Hände,
Zu dem Bier der Osmotochter!““
     „Rasch enteilt das muntre Eichhorn,
Wirbelt fort der flinke Breitschweif,
Läuft gar schnell durch lange Wege,

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Schreitet rasch durch weite Räume,

Durch der Wälder Läng’ und Breite,
Springet drittens in die Quere
Nach dem lieblichen Metsola,
Nach dem klugen Tapiola.“
     „Schauet drei der Waldesfichten,
Vier der kleinen Tannenbäume,
Hebt sich zu der Ficht’ im Thale,
Zu der Tanne auf der Fläche,
Ward vom Adler nicht gepacket,

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Nicht vom stolzen Himmelsvogel.“

     „Brach nun Zapfen von der Fichte,
Spitzen von den Tannenästen,
Birgt die Zapfen in den Klauen,
Wickelt sie in seine Pfoten,
Trug sie in die Hände Kapo’s,
Zu der schönen Jungfrau Fingern.“
     „Kapo legte sie zum Dünnbier,
Osmotar legt sie zum Biere,

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_114.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)